16 Wochen Rotation am Creighton University Medical Center in Nebraska

von Florian Wenzl.

Motivation

Aus einer Vielzahl von Gründen hatte ich bald nach dem Beginn des Medizinstudiums in Graz das Ziel, einen Teil des Studiums im englischsprachigen Ausland zu absolvieren. Einige wesentliche Motivationsfaktoren für ein Studium im englischsprachigen Ausland waren das Erlernen des englischen medizinischen Fachjargons, persönliches Mentoring und intensives Bed-side-teaching, Perfektionierung der Englischkenntnisse in Wort und Schrift und das Kennenlernen eines anderen Gesundheitssystems.

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Florian Wenzl, Medizinische Universität Graz, Österreich

Da während der ersten fünf Studienjahre die Anrechnung auswertiger Studienleistungen mit hohem administrativem Aufwand verbunden ist und Probleme bei der Anrechnung potenziell zu Studienzeitverzögerungen führen können, eignet sich das sechste Studienjahr (KPJ) besonders gut zur Absolvierung eines Auslandsaufenthalts. Nachdem einige Studienkollegen deren Famulaturen in den USA und das dortige Ausbildungssystem sehr gelobt haben, habe ich mich für die USA entschieden – und bin nicht enttäuscht worden.

Bewerbung und Organisation

Frühe und akribische Planung sind das Um und Auf für einen reibungslosen Ablauf. Die Kontaktaufnahme erfolgte durch eine formlose E-Mail an den Leiter der Division of Trauma Surgery and Surgical Critical Care (http://medschool.creighton.edu/surgery/). Anschließend waren die üblichen Bewerbungsunterlagen einzureichen. Da mir bewusst war, dass die Regelung administrativer Angelegenheiten auf Seiten der Heimatuniversität (Medizinische Universität Graz), der Zieluniversität (Creighton University) und der US-Behörden viele Monate benötigen kann, habe ich bereits etwa ein Jahr vor der Abreise erste administrative Hürden in Angriff genommen. Nach Kontaktaufnahme mit der Zieluniversität waren für den Bewerbungsprozess einige Dokumente zu besorgen oder zu erstellen und einzureichen (Transcript of Records, Motivationsschreiben, Lebenslauf, Empfehlungsschreiben, Geburtsurkunde etc.). Sobald der Aufenthalt von der Zieluniversität bewilligt und der exakte Zeitraum fixiert wurde, konnte begonnen werden nach geeigneten Flügen und einer Unterkunft zu suchen.

US-Visum und Einreise

Um sich als Ausländer länger als 90 Tage in den USA aufzuhalten, benötigt man ein Visum und die Auswahl des richtigen Visums ist von entscheidender Bedeutung. Erforderlich waren eine Online-Bewerbung und ein persönliches Interview in der US-Botschaft in Wien. Hierbei sind einige Dokumente (Einladungsschreiben der Gastinstitution, ein Empfehlungsschreiben der Heimatuniversität in Form eines Dean’s letter, Reiseplan etc.) vorzulegen, der Grund der Reise zu erklären, ausreichende Englischkenntnisse unter Beweis zu stellen sowie die Intention zur Wiederausreise glaubhaft zu machen. Bei der Einreise ist nach dem Verlassen des Flugzeuges ein ähnlicher Prozess durchzugehen, wonach der Visa Status mit Angabe der zeitlichen Befristung erteilt wird.

Flug, Unterkunft, Land und Leute

Sobald ein reibungsloser Ablauf der Reise wahrscheinlich erscheint, kann ein Flug gebucht werden, denn das Visum wird erst im Monat vor der Ausreise erteilt. Aus zwei Gründen habe ich mich schon im Vorfeld zur Buchung von Hin- und Rückflug entschieden: die Rückkehrintention ins Heimatland wird den amerikanischen Behörden demonstriert und die Gesamtreisekosten werden gesenkt.

Nach längerer Recherche habe ich mich dafür entschieden einen Teil eines Einfamilienhauses am Stadtrand von Omaha zu mieten. Von der günstig gelegenen Unterkunft aus befand sich der Creighton University Hauptcampus in Gehweite und das Creighton University Medical Center war mit öffentlichen Verkehrsmitteln in etwa 30 Minuten erreichbar. Lage, Ausstattung, Preis und Vermieter sind bei der Auswahl der Unterkunft zu beachten.

Äußert positiv überrascht wurde ich von der freundlichen und hilfsbereiten Einstellung der US-Amerikaner, für die sie besonders im mittleren Westen bekannt sind. Residents (Assistenzärzte), Studenten und Bekanntschaften außerhalb des Spitals waren in jeglicher Hinsicht herzlich und hilfsbereit.

 

Creighton University Medical Center Advanced Trauma Life Support Course Bergan Mercy
CHI Health Creighton University Medical Center Advanced Trauma Life Support Course Bergan Mercy, Haupteingang © Florian Wenzl

Erfahrungen an der Klinik

An der „Division of Trauma Surgery and Surgical Critical Care“ wurde ich herzlich aufgenommen und in die Spitalsabläufe eingeführt. Als Universitätsklinik und Level I Trauma Center stellte sich das Creighton University Medical Center bald als sehr modernes Versorgungszentrum mit großem Einzugsgebiet heraus.

Es ist mir sogleich aufgefallen, wie sehr auf die Ausbildung von Studenten und Residents (Assistenzärzten) Wert gelegt wurde.  Tägliche strukturierte Lehreinheiten mit Bezug zu stationären Patienten („Teaching Rounds“) sowie Kurzfortbildungen, Fallvorstellungen, Literaturpräsentationen und Falldiskussionen vor dem gesamten Department of Surgery („Grand Rounds“) waren regelmäßige Bestandteile des Fortbildungsprogrammes. Darüber hinaus wurden regelmäßig Talks von Gastprofessoren abgehalten sowie Leichensezierkurse und chirurgische Symposien organisiert. Ebenfalls auffallend war der freundliche Umgang unter den Angestellten und mit den Patienten, sowie das hohe Level an Motivation bei der Arbeit.

Klinischer Alltag

Im amerikanischen Ausbildungssystem wird sehr auf die persönliche Betreuung und die aktive Einbindung von Studenten geachtet. Jeder Student betreut eine kleine Zahl an Patienten (in der Regel 2-4) über deren jeweilige medizinische Situation er Bescheid wissen soll. Die Tage an chirurgischen Abteilungen beginnen früh, insbesondere für Residents (Assistenzärzte) und Studenten. Um etwa 5 Uhr 45 beginnt das „Prerounding“, bei dem jeder Student und Resident die von ihm betreuten Patienten visitiert. Einem strukturierten Ablauf folgend wird der Patient statuiert und anschließend dessen Medikamentenverordnungen, Laborwerte, Befunde und bei beatmeten Patienten die Einstellung des Beatmungsgeräts kontrolliert. Anschließend präsentiert jeder die von ihm betreuten Patienten bei der Morgenbesprechung in strukturierter Form und gibt seine Einschätzung und seinen Therapievorschlag kund. Die versammelten Oberärzte entscheiden anschließend über das weitere Vorgehen und begründen ihre Entscheidung.

Häufig werden dabei spontane Kurzfortbildungen zu anstehenden Themen abgehalten und rezente Publikationen diskutiert. Nach der Morgenbesprechung erfolgt die Visite („Rounding“) bei der jeder Student seinen Patienten in verkürzter Form erneut präsentiert. Anschließend assistieren Studenten und Residents bei elektiven Operationen oder helfen bei der Erstversorgung im Schockraum („Trauma Bay“). Die Aufgaben der Studenten liegen dabei im Ermessen des diensthabenden Oberarztes. Etwa gegen 15 Uhr beginnt die Nachmittagsvisite. Abhängig vom Operationsplan und von der Auslastung der Trauma Bay wurde das Teaching durch Oberärzte und Residents entweder praxisorientiert am Patienten oder theoretisch durchgeführt. Kurzreferate durch Studenten und Pharmazeuten stehen an der Tagesordnung.

Advanced Trauma Life Support Course
Advanced Trauma Life Support Course als Teil eines intensiven Fortbildungsprogrammes © Florian Wenzl

Resümee

Trotz des erheblichen organisatorischen Aufwands in den Monaten vor der Abreise habe ich den Entschluss zu diesem Aufenthalt keineswegs bereut und bin froh von diesem Praktikum fachlich und sprachlich profitiert zu haben. Weiters verschafft das Leben und Studieren im Ausland einen Einblick in eine andere Kultur sowie in ein anderes Ausbildungs- und Gesundheitssystem. Alles in allem kann ich ein Auslandspraktikum jedem herzlich empfehlen.

Ungefähre Kosten

Flug (Hin- und Rückflug mit Lufthansa und American Airlines)Ca. 550€
Unterkunft (pro Person)Ca. 500€ / Monat
Essen und TrinkenCa. 600€ / Monat
Transport (Uber, Lyft, öffentliche Verkehrsmittel)Ca. 200€ / Monat
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge)Ca. 250€ / Monat
GesamtCa. 1500€ / Monat

Interessante Webseiten

Kontakt

Bei Fragen zu Florian Wenzls Auslandspraktikum, oder bei Fragen an Florian Wenzl persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung

Wenzl, Florian: 16 Wochen Rotation am Creighton University Medical Center in Omaha, Nebraska (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 09/2020, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2020)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 09/2020 (Deutsche Ausgabe).

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