Für das klinisch praktische Jahr ins Ausland: Deutschland, Schweiz, USA – Ein Blick über die Grenzen – eine Erfahrung fürs Leben

von Elaaha Anwari

Meine Beweggründe für ein KPJ im Ausland
Das Klinisch-Praktische Jahr (KPJ) stellt für Medizinstudierende einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur beruflichen Laufbahn dar. Für mich war klar, dass ich diese Zeit nutzen wollte, um nicht nur mein medizinisches Wissen zu vertiefen, sondern auch meinen persönlichen Horizont zu erweitern. Deshalb entschied ich mich, zwei Tertiale meines KPJs im Ausland zu absolvieren.
 
Diese Entscheidung führte mich nach Deutschland (Frankfurt am Main), die Schweiz (Zürich) und die USA (Philadelphia). Als gebürtige Wienerin und jemand, der den Großteil seines Lebens in Österreich verbracht hat, erschien mir diese Möglichkeit ideal, um neue medizinische Ansätze kennenzulernen und gleichzeitig in fremde Kulturen einzutauchen. Diese Erfahrungen im Ausland haben nicht nur meine berufliche Kompetenz, sondern auch meine interkulturellen Fähigkeiten enorm erweitert.
 
Elaaha Anwari
Elaaha Anwari - Medizinische Universität Wien

Vorbereitung und Organisation

Die Organisation eines KPJs im Ausland erfordert einiges an Vorbereitung und Planung. Der Bewerbungsprozess unterscheidet sich je nach Land: Auch wenn viele Kliniken in Deutschland über ein PJ-Portal ihre Plätze vergeben, war es als österreichische Medizinstudentin für mich relativ einfach, auch kurzfristig einen Platz durch direkte EMail-Anfragen an das Sekretariat zu erhalten.  In der Schweiz hingegen werden Unterassistenzstellen oft Jahre im Voraus ausgeschrieben. Meine Stelle am Universitätsspital in Zürich habe ich mir beispielsweise 2,5 Jahre vor Beginn gesichert. Die Organisation in den USA ist in der Regel etwas komplizierter, da Aufenthalte dort meist mit hohen Studiengebühren verbunden sind. Umso mehr hat es mich gefreut, mein KPJ dank des Going International Programms am Pennsylvania Hospital absolvieren zu können.

Wichtige Formalitäten wie Visa, Arbeitsbewilligungen und Versicherungen sollten frühzeitig geregelt werden. Wenn der Großteil des KPJs im Ausland verbracht wird, ist es ratsam eine private Krankenversicherung für den gesamten Zeitraum abzuschließen. Für meinen Aufenthalt in den USA war dies beispielsweise unerlässlich.  In der Schweiz ist bei einem Aufenthalt von mehr als 90 Tagen eine Anmeldung beim Amt erforderlich, die mit Gebühren verbunden ist.  Zudem ist ein aktueller Impfstatus notwendig, und in einigen Ländern, wie etwa den USA, können zusätzliche Untersuchungen wie ein Tuberkulosetest notwendig sein.

Finanzierung und Stipendienmöglichkeiten

Die Finanzierung eines KPJs im Ausland ist eine Herausforderung, die eine sorgfältige Planung und Vorbereitung erfordert. 

  • Für Studierende, die Studienbeihilfe beziehen, gibt es die Möglichkeit, zusätzlich eine „Beihilfe für ein Auslandsstudium zu beantragen. Diese Unterstützung kann je nach Land und Dauer des Aufenthalts variieren. Wichtig zu beachten ist, dass der Antrag spätestens drei Monate nach Beginn des Auslandsstudiums gestellt werden muss. 
  • Für Studierende mit Hauptwohnsitz in Niederösterreich gibt es spezielle Fördermöglichkeiten für Auslandssemester und praktika. Diese Förderungen können für Zeiträume von 3 bis 12 Monaten in Anspruch genommen werden. Für das KPJ gilt eine besondere Regelung: Aufenthalte an verschiedenen Standorten, die jeweils kürzer als drei Monate sind, können zusammengerechnet werden, solange die Gesamtdauer mindestens drei Monate beträgt. 
  • Auch das ERASMUS+ Programm bietet Unterstützung für Studien- und Praktikumsaufenthalte im Ausland. 

Vergleich der Arbeitsbedingungen und der Lehre

Grundsätzlich ist es im KPJ meiner Meinung nach immer so, dass es an einem selbst liegt, wie viel man lernt – unabhängig davon, ob man in Österreich, der Schweiz oder irgendwo anders auf der Welt ist. Der Lerneffekt variierte je nach Abteilung und Krankenhaus: In einigen Abteilungen konnte ich von herausragender Lehre profitieren, ohne danach fragen zu müssen, während in anderen mehr Eigeninitiative gefordert war. Dies hing oft auch von der Arbeitslast der ÄrztInnen ab.

In Deutschland hatte ich durchschnittlich einmal pro Woche „PJ-Unterricht“, was sehr hilfreich war. In der Schweiz gab es zahlreiche Fortbildungen, die meinen Wissensstand erweiterten. Auch in den USA wurde viel Wert auf Lehre gelegt, besonders durch regelmäßige Rounds. Insgesamt mangelte es mir in keiner der drei Länder an Fortbildungsveranstaltungen.

In den drei Ländern, die ich besucht habe, waren die Arbeitsbedingungen durchweg gut. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Arbeitszeiten im Ausland im Allgemeinen länger waren als das, was man in Wien gewohnt ist. Meine Tage begannen meist früh und gingen oft bis in den späten Nachmittag. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Patientensysteme und die Abrechnung mit den Krankenkassen je nach Krankenhaus unterschiedlich sind. Die Sprache kann je nach Region oder Ort eine gewisse Eingewöhnung erfordern. Doch das Schöne an der Medizin ist, dass wir weltweit eine gemeinsame Sprache sprechen: Status und Anamnese sind überall von zentraler Bedeutung, egal an welchem Ort auf der Welt man sich befindet. Als Studierende der MedUni Wien sind wir dank unserer praktischen Ausbildung bestens vorbereitet und können problemlos mit anderen Studierenden aus unterschiedlichen Ländern mithalten. 

Alltagsleben und Integration

Für die Unterkunftssuche in Deutschland kann ich die Plattform wggesucht.de sehr empfehlen. Dort habe ich eine kleine Wohnung zur Zwischenmiete gefunden. Je nach Ort und Ausstattung variieren die monatlichen Preise zwischen 550 und 3000 Euro pro Monat. Daher gibt es für jedes Budget etwas zu bieten. Da ich wusste, dass ich auch noch in die Schweiz und die USA gehen würde, habe ich mich für eine minimalistische und kostengünstige Lösung entschieden.

In der Schweiz ist es oft so, dass die Krankenhäuser Unterkünfte für die Studierenden bereitstellen. Ich habe während meiner Zeit in Zürich in einem solchen Personalwohnheim gewohnt. Die monatliche Miete lag bei CHF 700 und eine Reinigungspauschale von CHF 100 kam noch hinzu. Diese Lösung war sowohl praktisch als auch erschwinglich, vor allem da UnterassistentInnen auch ein Gehalt erhalten. 

In den USA habe ich mir in Philadelphia ein Airbnb mit einer Kollegin geteilt, die ebenfalls mit mir die Rotation absolviert hat. Da die Sicherheit der Wohngegenden in Philadelphia stark variiert, war es für uns wichtig, eine gut gelegene und sichere Unterkunft zu finden, welches allerdings mit höheren Mietkosten verbunden war. Wir zahlten etwa 1100-1200 US-Dollar monatlich pro Person.

In allen drei Ländern habe ich schnell Anschluss gefunden, nicht zuletzt aufgrund der Wohnsituation und der Arbeit im Krankenhaus. In den USA war der Austausch besonders intensiv, da viele internationale Studierende vor Ort waren. Um mich über lokale Events und Freizeitmöglichkeiten zu informieren, habe ich neben Social Media auch lokale Websites und Apps genutzt. Diese waren eine gute Möglichkeit, um spontane Aktivitäten zu planen und das kulturelle Angebot in den verschiedenen Städten auszukosten. Darüber hinaus habe ich oft Tipps von KollegInnen bekommen, die mir halfen, die besten Spots zu entdecken. Die Zeit im Ausland hat mir enorm viel über unterschiedliche Länder und ihre Kulturen beigebracht. Von der lokalen Küche bis zur Musikszene – jedes Land hatte seinen eigenen Charme. Selbst das Einkaufen wurde oft zu einem kleinen Abenteuer, da man ständig neue Produkte und Eigenheiten entdeckte.

Vor- und Nachteile eines KPJs im Ausland

Ein KPJ im Ausland bietet zahlreiche berufliche Vorteile. Die internationale Erfahrung wird im Lebenslauf gerne gesehen und ermöglicht den Aufbau eines Netzwerks, das sich später auszahlen kann. Man hat die Möglichkeit, verschiedene medizinische Systeme und Arbeitsweisen kennenzulernen, sodass man die besten Aspekte aus den jeweiligen Ländern und Krankenhäusern in die eigene Praxis übernehmen kann. 

Doch mehr noch als die beruflichen Vorteile, stand für mich die persönliche Entwicklung im Vordergrund. Ein Auslandsaufenthalt fördert entscheidend die Selbstständigkeit und Anpassungsfähigkeit. Man lernt, sich in neuen und ungewohnten Situationen zurechtzufinden, was das Selbstbewusstsein stärkt. 

Es gibt jedoch auch Herausforderungen, die man nicht unterschätzen sollte:  Heimweh ist ein Aspekt, den man einkalkulieren muss. Falls Videoanrufe einmal nicht ausreichen, ist es sinnvoll, kleinere Heimreisen einzuplanen und dafür rechtzeitig Fehltage zu reservieren. Innerhalb Europas ist das meist problemlos möglich.

Das PJ im Ausland wäre für mich nicht möglich gewesen, hätte ich nicht neben dem Studium gearbeitet und die oben beschriebenen Förderungen beantragt. Seid euch dessen bewusst und plant entsprechend voraus. Um die Kosten gering zu halten, hat es mir beispielsweise geholfen, Mahlzeiten im Voraus zu planen und vorzubereiten. 

Praktische Tipps für zukünftige Studierende

Für alle, die ein KPJ im Ausland planen, möchte ich einige praktische Tipps mit auf den Weg geben. Die Webseite der Medizinischen Universität Wien bietet viele hilfreiche Informationen, ebenso die Erfahrungsberichte auf der Going International Webseite. An jeder Universität oder Klinik gibt es in der Regel ein internationales Büro, das bei der Organisation und Planung des Auslandsaufenthalts unterstützt. Es lohnt sich daher, frühzeitig Kontakt zu diesen Stellen aufzunehmen. Ein Auslandsaufenthalt erfordert eine gründliche Planung. Ich empfehle, sich rechtzeitig um alle möglichen Förderungen zu kümmern und, wenn möglich, die Erfahrung gemeinsam mit FreundInnen aus dem Studium zu machen. 

Reflexion und Fazit

Die Entscheidung, den Großteil meines KPJs im Ausland zu verbringen, war eine der besten, die ich während meines Studiums getroffen habe. Diese Zeit hat mich nicht nur medizinisch weitergebracht, sondern auch persönlich gestärkt. Ich habe gelernt, in verschiedenen medizinischen Systemen zu arbeiten und mich an neue Situationen anzupassen. Diese Erfahrung hat meinen Horizont erweitert und mir unvergessliche Erinnerungen beschert. Ich kann es jedem nur wärmstens empfehlen, diesen Schritt zu wagen.

Kostentabelle

Deutschland

Beschreibung Kosten in Euro
Unterkunft / Monat 600
Essen und Trinken / Monat 300
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat 50
Freizeitaktivitäten (Eintritt, Ausflüge) / Monat 100
Summe / Monat 1050
Reisekosten, Zug Hin- und Zurück 100
Gesamt 1150

Schweiz

BeschreibungKosten in Euro
Unterkunft / Monat750
Essen und Trinken / Monat500
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat100
Freizeitaktivitäten (Eintritt, Ausflüge) / Monat250
Summe / Monat1600
Reisekosten, Zug Hin und zurück160
Gesamt1760

USA

Beschreibung Kosten in Euro
Unterkunft / Monat 1100
Essen und Trinken / Monat400
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat0
Freizeitaktivitäten (Eintritt, Ausflüge) / Monat200
Summe / Monat1700
Reisekosten, Flug Hin und Zurück900
Gesamt2600

Interessante Webseiten

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Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

WP EB

Zitierung:

Anwari, Elaaha: „Für das klinisch praktische Jahr ins Ausland: Deutschland, Schweiz, USA – Ein Blick über die Grenzen – eine Erfahrung fürs Leben“


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Wird veröffentlicht in GI-Mail 05/2025 (Deutsche Ausgabe).

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