Mein KPJ am Queen Elizabeth Hospital in Bridgetown, Barbados- Eine Kooperation mit der University of the West Indies- Barbados

von Hannes Joseph

Motivation und Bewerbung

Im Sommer zwischen dem dritten und dem vierten Studienjahr an der Medizinischen Universität Wien sollten sich Studierende Gedanken darüber machen, ob man im fünften Studienjahr ins Ausland möchte. Es ist wichtig zu wissen, dass an der MUW die Regelung besteht, dass man in den letzten zwei Studienjahren bis zu drei Viertel der Zeit im Ausland verbringen darf. Das sechste Studienjahr ist das Klinisch-Praktische Jahr in dem man wie „ein Assistenz- oder Turnusarzt“ im Krankenhaus mitarbeitet. Das fünfte Jahr wiederum besteht aus sechs Tertialen zu je 5 Wochen.

Die Fächer der Tertiale sind:

Hannes Joseph
Hannes Joseph - Medizinische Universität Wien
  1. Neurologie
  2. Gynäkologie
  3. Hals-Nasen-Ohren Heilkunde und Augenheilkunde (je 2,5 Wochen)
  4. Notfall- und Intensivmedizin
  5. Kinder- und Jugendheilkunde
  6. Psychiatrie

In Wien bestehen die Tertiale dabei aus Seminaren, Praktika in Krankenhäusern und Vorlesungen. Sollte man diese Tertiale jedoch im Ausland absolvieren wollen (entweder drei Tertiale oder sechs Tertiale, sodass man jeweils ein oder beide Semester des fünften Studienjahres im Ausland verbringt), verlangt die MUW, dass man vierwöchige Famulaturen absolviert.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits die Entscheidung getroffen, dass ich im fünften Jahr zu mindestens für ein Semester ins Ausland möchte. Die Frage war nur noch, wo hin?

In ein europäisches Land über das Erasmus-Programm oder doch weiter weg als sogenannter Freemover, das heißt: alles selbstorganisiert?  Dann sah ich auf der Website der MUW (unten verlinkt) auch noch eine dritte Option: Kooperationspartner. Hier finden sich Unis aus Japan über Taiwan bis hin zu Ägypten, welche einen entsprechenden Aufenthalt im fünften Jahr anbieten. Und das Praktische: die Anerkennung der im Ausland erbrachten Leistungen waren von Anfang an garantiert.

Eine dieser Universitäten ist die „University of the West Indies – Barbados“. Das klang für mich sehr spannend, wobei ich trotzdem erstmal Google Maps zur Rate ziehen musste,um zu schauen, wo Barbados liegt. Und ich wurde nicht enttäuscht! Barbados ist die westlichste Karibikinsel und gehört zu den kleinen Antillen. Als ehemalige britische Kolonie hat es sich erst vor einigen Jahren von der britischen Krone verabschiedet. Und ein weiterer Punkt: Die Sängerin Rihanna kommt aus Barbados.

Die Bewerbung für den Kooperationsplatz erfolgt über ein internes Auswahlverfahren unserer Universität und ich hatte Glück! Im Oktober 2021 wusste ich, dass ich von Februar bis Mai 2023 in der Karibik sein würde. Und natürlich würde ich spannende Erfahrungen im einzigen großen Krankenhaus der Insel, dem Queen Elizabeth Hospital, sammeln. Dieses Krankenhaus mit ca. 600 Betten liegt zentral in der Hauptstadt Bridgetown.

Doch nur mit der Zuteilung des Platzes war es nicht getan. Ich musste mit dem Elective Office vor Ort einen regen Mailverkehr pflegen, um mein Learning Agreement und alle anderen Formalia zu klären. Als schwierig hat sich dabei herausgestellt, dass in der Karibik teilweise alles etwas mehr nach „Island-Time“ gehandhabt wird, also vieles deutlich entspannter verläuft. So begann die konkrete Planung für meinen Aufenthalt erst im Herbst 2022.Meine Uni wollte schon alles sehr früh geklärt haben, während man auf Barbados für die Electives (= internationale Studenten) erst ein Semester im Voraus beginnt zu planen. Ich musste zahlreiche Gesundheitszeugnisse vorlegen u.a. einen negativen Tuberkulosenachweis und MRSA-Abstriche.

Erste Einblicke in Bridgetown

Zum Glück hat mich das Elective Office in Bridgetown vor Ort mit einer Liste versorgt, auf welcher Privatpersonen standen, welche Unterkünfte für Studenten in Bridgetown anbieten. So bin auch ich bei einer sehr netten älteren Dame untergekommen, die seit über 25 Jahren (!) Zimmer im Obergeschoss ihres Hauses in Worthing an internationale Medizinstudenten vermietet. Zu einem Preis von 750 US-Dollar im Monat kommt man bei ihr sehr gut unter. Die Lage ist super, schöne Strände und ein Supermarkt sind zu Fuß erreichbar. Und eine Buslinie (weiße Minibusse, die ohne einen festen Fahrplan eine fixe Route fahren. Jede Fahrt kostet 3,50 Barbados-Dollar).

Doch auch die organisatorischen Schwierigkeiten wurden überwunden (man muss einfach beharrlich bleiben).

Arbeitsalltag und Betriebsklima

Im Februar konnte ich mein vierwöchiges Elective in der Notaufnahme antreten. Ich war dort unter der Woche immer von 8 – 15 Uhr und war meistens einer von mehreren Studenten dort, wobei die anderen StudentInnen jedoch vor Ort studiert haben. Da es die einzige große Notaufnahme der Insel ist, welche außerdem in einem öffentlichen Krankenhaus ist (und damit kostenlos), war diese immer sehr überfüllt. PatientInnen in niedrigen Triagestufen mussten häufig ein bis drei Tage warten, bis sie das erste Mal von einem Arzt gesehen wurden.

Ich habe dort in Absprache mit den ÄrztInnen eigene PatientInnen untersuchen dürfen und die Anamnese erhoben. Anschließend sollte ich mir Gedanken um mögliche Diffenrentaildiagnosen und die entsprechenden Diagnoseschritte machen. Diese habe ich mit dem zuständigen Arzt besprochen. Leider war es selten möglich die PatientInnen weiter zu verfolgen, da die Ergebnisse der angeforderten Untersuchungen häufig erst Stunden später kamen. Außerdem habe ich sehr viele Blutabnahmen gemacht, Zugänge gelegt, Wunden genäht. An jedem Donnerstag gab es abteilungsinternes Teaching. Das Verhältnis zu den AsisstenzärztInnen war sehr harmonisch, man spricht jedoch alle mit „Dr. …“ an. Die Attendings wirkten häufig deutlich distanzierter, haben einem jedoch jede Frage bereitwillig beantwortet. Von der Ausstattung her war es deutlich, dass nicht so viel Geld für das Gesundheitssystem zu Verfügung steht wie bei uns in Europa. Wenige Ärzte sind auf viele PatientInnen verteilt, quasi immer Materialmangel (man musste sich andauernd Desinfektionsmittel suchen) und alte Räumlichkeiten machten das sehr deutlich. Da man vor Ort auf Englisch spricht hatte ich keine Sprachprobleme.

Meine nächste Rotation war in der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde. Dort sollte ich täglich von 7:30 – 14:30 Uhr arbeiten. Der Tag begann mit Aktenstudium von neuen PatientInnen bis der Attending zur Visite kam. Der Attending der zu meiner Zeit Dienst hatte, hat die einheimischen StudentInnen immer sehr mit Fragen gedrillt, mich jedoch, hat er in Ruhe gelassen. Trotzdem waren die Visiten immer sehr angespannt.

Eine Woche habe ich noch auf die NICU rotieren können, was sich als eine sehr wertvolle Erfahrung herausgestellt hat. Freitags war man als Student in der Ambulanz eingeteilt. Dabei saß man leider häufig nur daneben, während die Ärzte die PatinetInnen abgearbeitet haben.

Zuletzt rotierte ich in die Abteilung für Psychiatrie. Im Krankenhaus selbst befand sich nur eine kleine psychiatrische Station für Akutfälle. Um 9:00 Uhr begann die Visite, dabei wurde täglich mit fast allen Patienten einzeln geredet und ihre verschiedenen Erkrankungen aufgearbeitet. Anwesend waren meist zwei Residents, ein Fellow und ein Attending. Am flachsten sind mir die Hierarchien in der Psychiatrie aufgefallen.  Nach der Visite, welche häufig 2 – 4 Stunden dauerte, wurden noch PatientInnen in der Ambulanz gesehen. Wie auf Station, bestand meine Tätigkeit leider vor allem aus beobachten. Allerdings hatte ich die Chance einen der Ärzte zur psychiatrischen Klinik in das Gefängnis zu begleiten, was eine unfassbar spannende Erfahrung war.

 On the beach

Meine Nachmittage verbrachte ich häufig am Strand. Wenn man möchte, kann man auf Barbados sehr gut surfen und schnorcheln. Beides habe ich ausprobiert, erstes mit weniger, zweiteres mit mehr Erfolg. Was man noch wissen sollte, ist, dass Lebensmittel deutlich teurer sind, als man es gewohnt ist. Zum Beispiel eine Tiefkühlpizza kostet umgerechnet 15 €! Dies liegt daran, dass ein Großteil der Lebensmittel importiert werden muss und die Transportkosten entsprechen hoch sind. Haftpflichtversichert war ich über meine Universität in Wien, eine Auslandsversicherung hatte ich bei der Generali Versicherung abgeschlossen. Hier kann ich nur empfehlen, einen Vergleichsrechner für Auslandsversicherungen zu nutzen.

Kostentabelle

BeschreibungKosten in Euro
Unterkunft / Monat700
Essen und Trinken / Monat600
Freizeitaktivitäten (Strandbars, Ausflüge)200
Summe / Monat1500
Summe 3 Monate4500
Transport (Buslinie) pro Fahrt1,64
Flug (Hin und zurück mit British Airways, Deutschland)900
Application Fee94,97
Gesamtsumme (ohne Einzelfahrtkosten Bus)5494,97

Interessante Webseiten

Bei Fragen zu Hannes Joseph Famulatur, oder bei Fragen an Hannes Joseph persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

WP EB

Zitierung:

Joseph, Hannes: Mein KPJ am Queen Elizabeth Hospital in Bridgetown, Barbados – Eine Kooperation mit der University of the West Indies- Barbados


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Wird veröffentlicht in GI-Mail 08/2025 (Deutsche Ausgabe).

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