von Josef Fürst

Lübeck war für mich daher die genau richtige Wahl, da es die am weitesten von Wien entfernte deutschsprachige Erasmus-Destination ist.
Bewerbung und Anmeldung Die Bewerbung lief über das International Office der MedUni Wien. Wenn man im Rahmen von Erasmus einen Auslandsaufenthalt in Lübeck absolviert, wird man als PJ-Student eingeteilt. Dementsprechend gibt es in diesem Sinne keine Prüfungen oder Lehrveranstaltungen, da man wie ein KPJ-Student im 6. Jahr behandelt wird. Möchte man drei Tertiale absolvieren, ist man in der Regel für jeweils drei mal acht Wochen eingeteilt, da jeweils ein halbes PJ-Tertial (8 Wochen) absolviert werden muss. In Absprache mit dem zuständigen International Office in Lübeck können drei Wunschtertiale angegeben werden, die ich in meinem Fall alle erhielt.
Arbeitsbedingungen Ich kann auf jeden Fall empfehlen, das Tertial Notfall- und Intensivmedizin in Lübeck zu machen, am besten gleich als erstes Tertial. Dieses Tertial ist Teil der Inneren-Medizin Rotation des PJs in Deutschland. Das tolle daran ist, dass es für die Innere-Medizin-PJler viermal pro Woche Seminare gibt, die wirklich hervorragend gestaltet sind. Meist werden klassische und spannende Fälle der Inneren Medizin vom Symptom über die Diagnose bis zur Therapie durchgesprochen. Einerseits war dies sehr lehrreich, andererseits hat es auch wirklich großen Spaß gemacht, da sich dadurch eine kleine Klassengemeinschaft gebildet hat. Wir waren 15 Innere-Medizin-PJler, wobei der Großteil nicht aus Lübeck kam, sodass viele dabei waren, die auch gerne am Wochenende etwas unternehmen wollten…Daher kann ich es wirklich empfehlen, mit diesem Tertial zu starten- Auf diese Art lernt man gleich viele neue StudentInnen kennen.
Die Arbeitszeitregelung war so, dass man sich einen Studientag pro Woche nehmen (im Gegenzug für eine Fallvorstellung) durfte. Somit hatte man eine vier-Tageswoche mit Arbeitszeiten von 08:00 Uhr bis meist 17:00 Uhr. Die Notaufnahme war teilweise sehr überfüllt und etwas chaotisch, was jedoch bei ausreichender Eigeninitiative eine tolle Gelegenheit bot, PatientInnen selbstständig zu untersuchen und eigene Therapievorschlägen einzubringen.
Im Gegensatz dazu war ich in der Pädiatrie der einzige PJler. Man kann mit der Sekretärin vereinbaren, alle 3 Wochen die Station zu wechseln. Ich war auf der Kindernotaufnahme, der Neuropädiatrie und der Kinderonkologie, wobei für mich die Kinderonkologie die schönste Erfahrung war, das ist jedoch natürlich immer von den persönlichen Interessen abhängig.
Die Neurologie kann ich auch wärmstens empfehlen. Dort kann man sich auf der Bettenstation, der Notaufnahme, der Stroke-Unit oder auch an der Polyklinik, wo es zum Beispiel MS oder Parkinson-Sprechstunden gibt, aufhalten.
Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass man als PJler in Deutschland mehr Verantwortung bekommt, da man den AssistenzärztInnen möglichst viel Arbeit abnehmen soll. Das ist einerseits durchaus intensiv, da auf manchen Stationen erwartet wurde, auch einmal länger zu bleiben. Andererseits lernt man dabei unglaublich viel und darf nahezu alles machen, was auch die Assistenzärzte tun. Dazu gehört beispielsweise, eigenständig Visiten zu führen, Lumbalpunktionen und Knochenmarkspunktionen durchzuführen, in der Notaufnahme Patienten selbstständig aufzunehmen und zu untersuchen, PVKs zu legen oder Arztbriefe zu schreiben.
Meine Erfahrung war, dass auch OberärztInnen bei den Visiten sehr um die Lehre bemüht waren und sich den StudentInnen widmeten. Etwas, das ich in dieser Form und Häufigkeit in Österreich bisher noch nicht erlebt habe.
Arbeitsplatz/Krankenhaus Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist das größte Krankenhaus im Bundesland Schleswig-Holstein und ist zum Großteil in den letzten Jahren komplett neu gebaut worden. Dementsprechend wirkt es sehr modern und freundlich. Zudem ist es medizinisch ein Maximalversorger-Krankenhaus, in das häufig viele Patienten mit komplizierten Verläufen aus kleineren Krankenhäusern verlegt werden. Insofern ist es durchaus mit dem AKH Wien vergleichbar.
Unterkunft Grundsätzlich gibt es Plätze im Studentenheim, welche über das International-Office in Lübeck angesucht werden können. In meinem Fall gab es dort keine freien Plätze mehr. Ich bin allerdings über „WG-Gesucht“ zur Untermiete fündig geworden. Dort werden einige WG-Zimmer zwischen 300-400€angeboten.
Freizeit und Leben Ich bin im September angekommen und konnte ein paar Wochen die Nähe zur Ostsee bei gutem Wetter genießen. Lübeck an sich ist eine sehr hübsche, saubere Stadt. Ich fühlte mich, vor allem in der Altstadtinsel mit den vielen Backsteinbauten, fast wie in ein anderes Zeitalter versetzt. Als öffentliche Verkehrsmittel werden nur Busse angeboten. Um in der Stadt etwas flexibler sein zu können, habe ich mir dort auf Ebay Kleinanzeigen ein gebrauchtes Fahrrad gekauft. Innerhalb von ca. 30 Minuten ist vieles mit dem Fahrrad in Lübeck zu erreichen. Als Erasmusstudent kann man auch ein Semesterticket beantragen (für ca. 150€), welches für ganz Schleswig-Holsteingilt. Dieses inkludiert zudem auch Hamburg. Man erreicht Hamburg mit dem Zug in nur 40 Minuten ab Lübeck, was ich vor allem am Wochenende oft ausgenutzt habe.
Die Erasmus-Studenten kommen in Lübeck im Oktober an. Der Großteil der Erasmus-StudentInnen sind MedizinstudentInnen oder Biotechnologies-StudentInnen. Von ESN Lübeck wird eine Art „Ersti-Woche“ für Erasmusstudenten organisiert (dort werden Stadtführungen, Kneipentouren, Flunkyball-Turniere, Hamburg-Day und vieles mehr organisiert. Dies ist wiederum eine tolle Gelegenheit, gleich die Internationals kennenzulernen. Studenten treffen sich donnerstags gerne in der Clemensstraße, da dort studentenfreundliche Preise angeboten werden. Ansonsten ist man mit dem Bus in einer halben Stunde in Travemünde oder Niendorf, wo es wunderschöne Strandabschnitte gibt. Besonders die Brodtener Steilküste kann ich sehr empfehlen. Lübeck liegt wirklich gut, um Norddeutschland bisschen zu erkunden (Hamburg, Rostock und auch Berlin sind mit dem Zug sehr gut erreichbar). Auch nach Dänemark oder Schweden ist es nicht sehr weit. Die Lebenserhaltungskosten sind sehr ähnlich wie in Österreich, tendenziell sogar etwas billiger.
Kostentabelle
Beschreibung | Kosten in Euro |
---|---|
Unterkunft / Monat | 300-500 |
Essen und Trinken / Monat | 300 |
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat | 100 |
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge) / Monat | 200 |
Summe / Monat | 1100 |
Summe 2 Monate | 2200 |
Flug ( Hin- und Rückflug mit Sky) | 250 |
Gesamtsumme | 2450 |
Interessante Webseiten
- Krankenhaus: Website Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
- Gesundheitsministerium: Website Bundesministerium für Gesundheit
- Erasmus-Programm: Website Universität zu Lübeck – Übersicht Erasmus + Programm
Bei Fragen zu Josef Fürst Famulatur, oder bei Fragen an Josef Fürst persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org
Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung:
Fürst, Josef: Mein Erasmus-Semester an der medizinischen Universität Lübeck, Deutschland – Was? Warum? Wo? Wie lang? Wann? Wie?
Diese Publikation steht hier zum Download bereit.
Wird veröffentlicht in GI-Mail 07/2025 (Deutsche Ausgabe).
- Kennen Sie unseren monatlichen Newsletter GI-Mail mit Tipps zu postgradualen Lehrgängen und Kongressen? Hier geht es zur Anmeldung.
- Sind Sie auf der Suche nach neuen beruflichen Herausforderungen/Jobs & Vakanzen? Hier finden Sie die aktuellen Stellenangebote.
- Kennen Sie schon unsere monatliche Job-Information GI-Jobs mit aktuellen Stellenangeboten für ÄrztInnen, ManagerInnen und dipl. Fachpflegekräfte? Hier geht es zur Anmeldung.
- Sind Sie an neuen postgraduellen Kursen und CME-Weiterbildung interessiert? Laufend neue Kurse & Kongresse von mehr als 2300 Veranstaltern finden Sie in der Bildungsdatenbank »medicine & health«