Mein zweimonatiges KPJ in der Anästhesiologie am Krankenhaus St. Pölten

von Jakob Krauss

Motivation, Anmeldung und Vorbereitung

Meine Entscheidung, einen Teil meines KPJ im Krankenhaus St. Pölten zu absolvieren, beruhte ursprünglich vor allem auf pragmatischen Überlegungen. Einerseits wurde mir das Krankenhaus von vielen KollegInnen empfohlen, andererseits ist es von meinem zentral in Wien gelegenen Wohnort mit dem Zug schneller zu erreichen als manche eher peripher gelegenen Wiener Spitäler, die oft nur mit der wesentlich langsameren Straßenbahn erreichbar sind. Zudem war für mich klar, dass ich in einem großen Krankenhaus arbeiten möchte. Da ich als Student der Medizinischen Universität Wien das AKH Wien bereits gut kannte, bot sich auch aus diesem Grund das Leitspital des größten österreichischen Bundeslandes, Niederösterreich, sehr gut an.

Jakob Krauss

Die Anmeldung für das KPJ in Niederösterreich gestaltet sich sehr unkompliziert. Dazu gibt es eine eigene Website des Landes Niederösterreich. Dort kann man sich einfach für einen Wunschplatz bewerben. Die Plattform ist benutzerfreundlich und bietet eine klare Übersicht über verfügbare Stellen und Zeiträume. Im Gegensatz zu dem Anmeldesystem in Wien, ist dies eine wirklich positive Überraschung gewesen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Versicherung. Ich war über die österreichische Hochschülerschaft versichert. Für Studierende aus dem Ausland empfiehlt es sich, sich frühzeitig über passende Versicherungsoptionen zu informieren.

Erster Eindruck und Arbeitsumfeld                                                                                                      Bereits an meinem ersten Tag wurde ich herzlich von meinem zugeteilten Mentor empfangen, der mich bis zum letzten Tag begleitete und stets unterstützte. Die Atmosphäre war von Anfang an offen und einladend. Im Vergleich zu meinen bisherigen Erfahrungen in Wien fiel mir sofort der lockerere Umgangston zwischen Ärzten, Pflegepersonal und Studierenden auf. Die Kommunikation erfolgte auf Augenhöhe, Hierarchien waren weniger spürbar, und ich hatte schnell das Gefühl, ein Teil des Teams zu sein. Diese entspannte Arbeitsatmosphäre gab mir bereits zu Beginn ein positives Gefühl und steigerte meine Vorfreude.

All das ist meiner Erfahrung nach nicht selbstverständlich, besonders in einem so großen Krankenhaus wie dem Universitätsklinikum St. Pölten. Allein die Anästhesieabteilung umfasst über 100 ÄrztInnen– natürlich kann man nicht alle persönlich kennenlernen. Doch wer Eigeninitiative zeigt, und Interesse mitbringt, knüpft schnell wertvolle Kontakte.

Arbeitszeiten und -bedingungen

Die Arbeitszeiten waren insgesamt flexibel, jedoch wurde die Teilnahme an der Morgenbesprechung um 7 Uhr erwartet. In der Regel konnte man nach dem Mittagessen nach Hause gehen, sofern keine weiteren Aufgaben anstanden. Gleichzeitig bestand jederzeit die Möglichkeit, länger zu bleiben, um zusätzliche Erfahrungen sammeln zu können. Besonders auf der Intensivstation oder im OP ergaben sich oft spannende Gelegenheiten, interessante Fälle zu begleiten oder an Eingriffen teilzunehmen. Diese Flexibilität ermöglichte es mir, meinen Tag individuell zu gestalten und meine Schwerpunkte nach Interesse zu setzen.

Praktische Erfahrungen in dem OP

Ein besonderes Highlight meines KPJ-Tertials war die intensive praktische Ausbildung im Operationssaal. Unter der Aufsicht eines Oberarztes durfte ich nach einiger Zeit eigenständig PatientInnen einleiten und monitorisieren. Dazu gehörte das Überwachen aller Vitalparameter sowie spezielle OP-Methoden wie der „Train of Four“. Allerdings hängt die Erfahrung als StudentIn im OP stark von der jeweiligen Oberärztin oder dem Oberarzt ab. Alle waren freundlich, auskunftsfreudig und insgesamt sehr entgegenkommend, jedoch variierte der Grad der Autonomie erheblich. Ein Oberarzt beispielsweise beantwortete zwar alle Fragen ausführlich, überließ mir jedoch nur wenige Aufgaben wie das Legen eines Venenzugangs. Dazu hingegen gab mir eine weitere Oberärztin nahezu freie Hand – von der pharmakologischen Einleitung über die Intubation bis hin zur Betreuung der PatientInnen während der OP. Für diesen Eingriff konnte ich unter ihrer Aufsicht die komplette anästhesiologische Betreuung übernehmen, einschließlich der Ausleitung, während sie mir unterstützend zur Seite stand.

Ich bin überzeugt, dass man in der Anästhesie besonders viel lernen kann, wenn man sich im Vorfeld gut vorbereitet. Wer sich die wichtigsten Grundlagen erarbeitet und von Anfang an Eigeninitiative sowie Engagement zeigt, profitiert davon sehr stark. Ein Jahr später, in einem amerikanischen Krankenhaus konnte ich genau auf diese Erfahrung sehr gut zurückgreifen und Wissen sowie Fähigkeiten vorweisen, welche dortige AssistenzärztInnen erst später erlernen. Besonders hervorzuheben ist zudem die große Anzahl an OP-Sälen, die häufig auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert sind.

Erfahrungen in der Schmerzambulanz                                                                                                        Die Schmerzambulanz bot mir einen tiefen Einblick in die Behandlung chronischer Schmerzen. Besonders interessant war die Vielfalt der angewandten medizinischen Methoden. Ich lernte verschiedene Therapieansätze kennen – von medikamentöser Behandlung über interventionelle Verfahren bis hin zu alternativen Methoden wie Akupunktur. Besonders beeindruckend war die ganzheitliche Betreuung der PatientInnen, bei der sowohl körperliche als auch psychische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt wurden. Im Vergleich zu meinen Erfahrungen in Wien nahmen sich die ÄrztInnen deutlich mehr Zeit für die PatientInnen.

Einblicke in die Intensivstation

Die Zeit auf der Intensivstation war sowohl anspruchsvoll als auch unglaublich bereichernd. Es gab insgesamt drei Intensivstationen mit jeweils mehr als zehn Betten. Eine davon ist als Neurointensive-Care-Unit konzipiert, während die anderen ein breiter gefächertes PatientInnenspektrum abdeckten. Als StudentIn durfte man bei medizinisch komplexen Entscheidungen dabei sein, den Umgang mit hochspezialisierter Technik erlernen und wurde von den OberärztInnen im Sinne eines „gemeinsamen Lernens“ regelmäßig zur Pathophysiologie kritischer Erkrankungen befragt.

Summa summarum war dies mit Sicherheit der Teil des Tertials, in dem ich fachlich am stärksten gefordert, aber nicht überfordert wurde und mich enorm weiterentwickelt habe.

Das besondere Arbeitsklima

Ein Aspekt, der mein KPJ in St. Pölten besonders auszeichnete, war das angenehme Arbeitsklima. Im Vergleich zu Wien empfand ich den Umgang zwischen den verschiedenen Berufsgruppen als deutlich entspannter und kollegialer. Die Ärzte nahmen sich Zeit für Erklärungen, das Pflegepersonal war stets hilfsbereit, und auch unter den Studierenden herrschte eine gute Stimmung. Dieses positive Umfeld förderte nicht nur mein Lernen, sondern machte die tägliche Arbeit auch tatsächlich zu einer Freude.

 Tipps und Empfehlungen

  • Eigeninitiative zeigen: Nutzt jede Gelegenheit, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Fragt aktiv nach, ob ihr Aufgaben übernehmen oder bei speziellen Eingriffen dabei sein könnt. Präsentiert vor Ärzteteams. Die Klinik St.Pölten bot super Möglichkeiten das Präsentieren zu üben. 
  • Fortbildungen: Es wurden jede Woche Fortbildungen angeboten, welche ihr für eure KPJ Mappe braucht. Diese waren allerdings didaktisch besser aufgebaut als >90% der MUW Seminare.
  • Flexibilität ist super: Nutzt die flexiblen Arbeitszeiten, um die verschiedene Bereiche kennenzulernen. Bleibt zudem länger auf der Intensivstation oder begleitet Notfalleinsätze, wenn es eure Zeit erlaubt.
  • Aktivitäten rund um die Stadt: St. Pölten per se ist touristisch gesehen vielleicht nicht die spannendste Stadt, aber sie ist ein guter Ausgangspunkt für Tagesausflüge ins wirklich schöne und oft idyllische niederösterreichische Umland. Es gibt wunderschöne Wanderwege, Gelegenheiten für Fahrradtouren und man ist im Sommer wie im Winter den Alpen doch noch einmal ein Stück näher als von Wien aus.
  • Unterkunft bzw. Fahrt nach St. Pölten: Ich bin jeden Tag von Wien nach St. Pölten gependelt und hatte eine Jahreskarte der ÖBB. Die Alternative waren Monatskarten die ca. 150 Euro kosteten. Die Fahrt nach St. Pölten war mit dem Zug fast immer schneller als mit dem Auto. Die Zugkosten kann man natürlich umgehen, indem man direkt in St. Pölten eine Unterkunft mietet. Wenn man sich das ruhigere Kleinstadtleben wünscht, ist das gewiss eine gute Idee. Wenn man Geld sparen möchte oder dem Trubel in einer Großstadt wie Wien (2. größte deutschsprachige Stadt) entfliehen möchte bzw. einem das Landleben einfach generell mehr zusagt, ist es sicher sinnvoll online für St. Pölten ein Zimmer bzw. Wohnung zu suchen.
    In Wien wohnen ist definitiv teurer (exklusive der Zugmonatskarte). Falls man aber abseits der Arbeit etwas erleben möchte und ausgehen möchte, ist es definitiv sinnvoll die Mehrkosten bzgl. Wohnen in Wien und Pendeln, zu tragen.

Fazit

Mein zweimonatiges KPJ in der Anästhesiologie am Krankenhaus St. Pölten war eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Die Kombination aus praxisnaher Ausbildung, einem unterstützenden Team und einem positiven Arbeitsklima hat meine Erwartungen übertroffen. Besonders das eigenständige Arbeiten im OP, das Erlernen der Intubation und die Möglichkeit, Patienten unter Aufsicht selbstständig zu betreuen, haben mein medizinisches Selbstvertrauen gestärkt und meine fachlichen Kompetenzen erweitert.

Die lockere und zugleich professionelle Art, wie dort miteinander umgegangen wird, macht das Arbeitsumfeld zu etwas Besonderem. Man lernt gerne und wächst auch persönlich. Wenn ihr also einen KPJ-Platz sucht, der euch fachlich und menschlich weiterbringt, kann ich euch das Krankenhaus St. Pölten wärmstens empfehlen.

Die unkomplizierte Anmeldung über die „niederösterreichische Website“ erleichtert den Einstieg und bietet euch die Möglichkeit, in einem Umfeld zu arbeiten, das eure Ausbildung ernst nimmt und euch als gleichwertiges Teammitglied wertschätzt.

Ich wünsche euch viel Erfolg und spannende Erfahrungen in eurem KPJ!

Kostentabelle

Beschreibung Kosten in Euro
Wohnung, stark abhängig ob WG oder Wohnung in Wien oder St. Pölten / MonatMind. 500
Essen und Trinken / Monat (Mittagessen)90
Monatskarte ÖBB Wien -St. Pölten / Monat150
Summe / Monat740
Gehalt netto / Monat780

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WP EB

Zitierung:

Krauss, Jakob: Mein zweimonatiges KPJ in der Anästhesiologie am Krankenhaus St. Pölten“


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Wird veröffentlicht in GI-Mail 10/2025 (Deutsche Ausgabe).

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