Erfahrungsbericht: Meine Famulatur an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich

von Lisa Fisecker.

Meine Motivation

Lisa Fisecker, Medizinische Universität Wien, Österreich

Für mich war die Schweiz immer schon ein sehr faszinieren des und wunderschönes Land, in dem ich mir vorstellen könnte, einmal zu leben. Da man einen Ort immer erst wirklich kennenlernt, wenn man eine längere Zeit dort verbringt und weil ich die Schweizer Arbeitsbedingungen am eigenen Leib erfahren wollte, habe ich mich dazu entschieden 2020 einen 4-wöchigen „Freemover“ Aufenthalt als Famulatur in Zürich an der Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK) zu verbringen.

Bewerbung und Anmeldung

Ich habe mich ein Jahr im Voraus per Mail mit einem Motivationsschreiben bei Frau Franziska Meier (Franziska.Meier@puk.zh.ch) beworben. Ich denke, dass eine kurzfristigere Bewerbung ebenfalls möglich gewesen wäre. Das Verfahren war unkompliziert und ich habe sehr schnell die Rückmeldung erhalten, Sie sagte, dass noch auf drei Stationen eine Stelle als Unterassistenz (= bezahlte Famulatur) frei wäre. Ich habe mich schließlich für die Psychotherapiestation für Dualdiagnosen und Abhängigkeitserkrankungen entschieden.

Da man den Schweizern nachsagt, dass sie sehr viel arbeiten, hatte ich die Erwartung in meiner Zeit in Zürich vor allem in der Klinik zu sein und nicht sehr viel Freizeit zu haben. Zusätzlich war mir bewusst, dass es vor allem für Studierende kein allzu kostengünstiger Aufenthalt sein würde. Ich war mir etwas unsicher, ob ich nicht doch eher eine Akutstation hätte wählen sollen, jedoch fand ich das Thema Abhängigkeit durchaus sehr interessant.

Ich hatte das Glück während meines Aufenthaltes in Zürich in der Wohnung eines Freundes wohnen zu können, der in dieser Zeit im Auslandsurlaub in Japan war. Freunde von mir waren im selben Zeitraum aber in einem Rotary Studentenheim, indem es eine sehr gute Gemeinschaft gab und das auch preislich in Ordnung war.

Meine Famulatur auf der Klinik

An meinem ersten Tag in der Klinik gab es eine Einführungsveranstaltung, bei der die Klinik und ihre Grundprinzipien vorgestellt wurden. Jeder von uns StudentInnen war bereits einem Arzt als Ansprechperson für die nächsten Wochen zugeteilt worden. Es war alles sehr gut organisiert und ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt.

Meine Arbeitszeiten waren in der Regel Montag bis Freitag von 8:00 bis 17:00 Uhr. In meiner Funktion als Unterassistenz gestalteten sich meine Aufgaben sehr unterschiedlich. Je nachdem welche Programmpunkte pro Tag geplant waren, konnte ich ganz nach Interesse an unterschiedlichsten Therapien und Gesprächsgruppen teilnehmen. Ich war auf einer Abhängigkeitsstation mit PatientInnen mit Dualdiagnosen wie beispielsweise Borderline, Depression und Posttraumatische-Belastungsstörung. Hier wurden die PatientInnen über einen längeren Zeitraum durch Einzel- und Gruppentherapien betreut. Der Behandlungsansatz war nicht primär einen Entzug durchzuführen, sondern die Ursache der Abhängigkeit zu suchen und anschließend einen Weg zu finden, damit umzugehen, ohne zu Suchtmitteln zu greifen. Die PatientInnen waren immer wieder wochenweise bei uns (bis zu 3 Wochen am Stück). Um das Therapieziel zu erreichen, braucht es Monate bis Jahre und eine sehr enge Betreuung.

Es gab Psychotherapiestunden, Suchtbewältigungsgruppen, Achtsamkeitstraining, Meditationen und vieles mehr. Meine Hauptaufgabe war es einen Einblick in die Therapieformen zu bekommen, die Dynamiken der PatientInnen zu beobachten und auch selbstständig Therapien (wie z.B. die Achtsamkeitstherapie zu leiten). Nach ein paar Wochen durfte ich auch selbstständig PatientInnengespräche führen. Je nachdem was am Tagesplan stand wurde ich morgens von meinem Oberarzt zu verschiedenen Therapien zugeteilt oder konnte tageweise PsychotherapeutInnen in ihrem Alltag begleiten. Im Nachhinein verfasste ich immer einen Bericht über die unterschiedlichen Ereignisse und Vorfälle in den einzelnen Therapieeinheiten und besprach den Zustand der PatientInnen mit meinen OberärztInnen. Zusätzlich zum normalen Tagesgeschehen gab es auch noch mehrmals wöchentlich Fortbildungen, Teambesprechungen und Journal Clubs., bei denen aktuelle Wissenschaftliche Paper vorgestellt und anschließend diskutiert wurden.

Die Stadt Zürich

Abgesehen von der Klinik war auch Zürich an sich sehr vielfältig. Als Student ist ein “normales” Leben wie in Wien preislich auf Dauer schwer leistbar. Als Unterassistenz bekam ich 1000 Schweizer Franken pro Monat. Weitere Goodies waren beispielsweise die kostenlose Mitgliedschaft im Fitnessstudio der Klinik. Nach kurzer Zeit kennt man bereits die günstigsten Supermärkte oder Restaurants in der Nähe, was einem das Leben in Zürich deutlich erleichtert.

© Fisecker, Lisa: Aussichtspunkt Lindenhof Zürich

Die Stadt bietet sehr viel an Natur, Kultur, Geschichte sowie einen See und ein aufregendes Nachtleben und ist an sich schon ein wahres Erlebnis. An den Wochenenden waren wir Wandern, sind in Museen gegangen, haben eine Bootstour am Zürichsee gemacht oder sind durch die Stadt spaziert und waren auch mal Feiern. Durch die tolle Anbindung von Zürich aufgrund der öffentlichen Verkehrsmittel bieten sich auch Ausflüge in näher gelegene Städte gut an. Ich war beispielsweise ein paar Tage bei einer Freundin in Straßburg zu Besuch.

Fazit

In der Abteilung fühlte ich mich sehr gut im Team integriert und es behandelten mich im Krankenhaus alle auf eine sehr nette und respektvolle Art. Die Psychiatrische Universitätsklinik ist sehr fortschrittlich und modern. Ein gutes Miteinander ist hier oberste Priorität! Im Nachhinein war ich sehr froh über meine Stationswahl. Ich hatte ein buntes Patientenklientel von ca. 10-15 PatientInnen, die meist ein bis drei Wochen auf der Station waren. Am meisten hat mir jedoch der Ansatz gefallen, nicht die Abhängigkeiten, sondern die Ursache selbst zu bewältigen. Ich habe viele herzzerreißende Geschichten von den PatientInnen gehört, konnte aber auch viele Lebenswandel mitverfolgen. Der Umgang mit den PatientInnen war immer freundlich und respektvoll.

Meine Zeit am PUK war sehr lehrreich. Ich bin nicht nur medizinisch, sondern auch als Person sehr in diesen 4 Wochen gewachsen. Es gab manche Momente auf der Station, an die ich mich noch heute noch zurückerinnere. Ich würde die Zeit nicht missen wollen und bin sehr dankbar, auf dieser tollen und inspirierenden Station gelandet zu sein.

Kosten

Hin-    und    Rückfahrt    mit    Flixbus    (früh gebucht)Ca. 80 Euro
Unterkunft (pro Person)Ca. 500-800 Euro
Essen und Trinken (hauptsächlich im Lidl eingekauft):Ca. 500 Euro
Transport (öffentliche Verkehrsmittel)120 Euro
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge)300 Euro
Gesamt:1650 Euro/ Monat

Interessante Webseiten

Kontakt

Bei Fragen zu Lisa Fiseckers Famulatur, oder bei Fragen an Lisa Fisecker persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein
E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung

Fisecker, Lisa: Erfahrungsbericht: Meine Famulatur an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 08/22, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2022)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 08/2022 (Deutsche Ausgabe).

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