Erfahrungsbericht: Neuro-Pädiatrie in Schweden

Lisa Müller, Medizinische Universität Innsbruck, Österreich

von Lisa Müller.

Im Rahmen meines klinisch-praktischen Jahres (KPJ) war ich in der glücklichen Lage, ein Monat auf der Abteilung für Neuropädiatrie in Lund absolvieren zu dürfen. Skånes Universitetssjukhus mit seinen beiden Standorten Lund und Malmö ist Schwedens drittgrößtes Universitätskrankenhaus mit gesamt 1750 Betten. Begeistert vom schwedischen Gesundheitssystem und der außerordentlich guten Lehre während meines Erasmus-Semesters in Linköping stand für mich fest, dass ich für ein KPJ-Modul nach Schweden zurückkehren möchte.

Bewerbungsprozedere

Der Antritt der Reise nach Lund erfolgt verpflichtend bereits eine Woche vor Rotationsbeginn, um Organisatorisches zu erledigen. In dieser Woche erfolgt die Durchführung eines MRSA-Tests und der Besuch des Büros für Internationale Beziehungen, wo man ein Welcome Package überreicht bekommt. Im Laufe der Woche hat man Zeit, einen Studentenausweis („LiU-Card“) anfertigen zu lassen und einen E-Mail-Zugang zu erstellen.

Für die Bewerbung schickt man ein ausgefülltes Bewerbungsformular (Application Form), in dem man Prioritäten bzgl. der Abteilungswahl angibt, gemeinsam mit einem Empfehlungsschreiben der Heimatuni und einem Transcript of Records per Mail an das Büro für Internationale Beziehungen (international_facultymedicine@med.lu.se). Auf folgender Website findet man die Application Form, die angebotenen Abteilungen und weitere Informationen: https://www.med.lu.se/english/study/clinical_electives_for_ freemovers.

Man bewirbt sich innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens für eine 4-wöchige Famulatur. Es sind maximal zwei Rotationen zu jeweils vier Wochen möglich. Der Bewerbungsprozess war an sich wenig Aufwand, jedoch war Spontanität gefragt, denn die Zusage mit Letter of Acceptance kam erst 2 Monate vor Rotationsantritt.

                                              

                                               © Lisa Müller, Universität Lund

Sprachkenntnisse sind sehr vorteilhaft, aber keine Voraussetzung. Je mehr Schwedisch man beherrscht, desto mehr kann man sich aktiv in den Klinikalltag einbringen. Ich absolvierte im Verlauf der letzten Jahre einige Sprachkurse in Uppsala (Organisation: Uppsala International Summer Session – UISS). Aus persönlicher Erfahrung kann ich die Teilnahme am UISS-Programm nur wärmstens empfehlen, da es sowohl auf sprachlicher als auch organisatorischer Ebene auf höchstem Niveau abläuft.

Eine Unterkunft wird von der Universität Lund nicht zur Verfügung gestellt. Versicherungstechnisch war kein Nachweis erforderlich. Ich war über die ÖH und die Europäische Reiseversicherung versichert.

Tagesablauf auf der Station

Der Arbeitstag beginnt um 8 Uhr mit der Morgenbesprechung, montags und freitags gemeinsam mit Malmö über eine Videokonferenz. Danach beginnt die Stationsarbeit mit Einlesen der Patienten und Durchgehen der Testergebnisse (Laborwerte). Um 9 Uhr kommen alle Ärzte und Schwestern zusammen, um den Tagesablauf (Untersuchungen, Anforderungen, Entlassungen) der einzelnen Patienten zu besprechen. Anschließend wird man zu einem ausgiebigen Frühstück eingeladen, das sich keiner entgehen lässt.

Auf jeder Station befanden sich durchschnittlich 8 Patienten – alle in einem Einzelzimmer. Dafür waren ein Oberarzt, zwei Assistenzärzte und ein „Unterarzt“ zuständig. Die Dauer des Medizinstudiums in Schweden beträgt 11 Semester und ab dem 10. Semester darf man als Unterarzt, z.B. in den Sommerferien, tätig sein. Für Krankenvisite wird sich sehr viel Zeit genommen (ca. 30 Minuten pro Patient), um ausführlich das weitere Prozedere zu besprechen, über vorgenommene Testergebnisse zu informieren und sicherzustellen, dass Eltern die einzelnen Vorgehensschritte inkl. das Krankheitsbild verstehen.

Parallel am Vormittag findet die Terminambulanz statt. Auch hier wird sich eine Stunde pro Patienten genommen und eine detaillierte Anamnese erhoben und neurologische Untersuchung durchgeführt. Eine Stunde Mittagspause gönnen sich die Ärzte, um gemeinsam in der Sonne zu speisen und über Familie und Urlaub zu reden. Nachmittags findet die Kurvenvisite statt und Arbeitsende ist immer um ca. 17 Uhr. An den Wochenenden ist arbeitsfrei.

Tätigkeiten als Student

Meine Tätigkeiten bestanden aus Anamneseerhebung, Durchführung von neurologischen Untersuchungen, praktischer Durchführung von Lumbalpunktionen, Säuglingsuntersuchung zur Feststellung der neuromotorischen Entwicklung, Testung der Neugeborenenreflexe und Interpretation von Perzentilenkurven. Offizielle Teachings fanden nicht statt, jedoch nahm sich immer wieder der eine oder andere Arzt Zeit, ein individuelles Teaching für mich abzuhalten. 

Es herrschte eine sehr flache Hierarchie, ein außerordentlich gutes Arbeitsklima und ich wurde von Anfang an ins Team eingebunden. Sogar an den Wochenenden nahm man mich zu gemeinsamen Ausflügen mit, um mir die Umgebung zu zeigen.

Lund und Reiseziele in der Umgebung

In der sehr netten Studentenstadt Lund habe ich mich vom ersten Tag an wohl gefühlt. Zentral gelegen befindet sich die Domkirche. Besonders genoss ich Spaziergänge im Botanischen Garten. Abends treffen sich Studenten in eigenen Studentenlokalen, den sogenannten „Student Nations“, welche es abgesehen von Lund nur in Uppsala gibt. Zehn Minuten Zugfahrt entfernt liegt Malmö, die drittgrößte Stadt Schwedens. Diese sehr belebte Stadt verfügt über eine schöne Altstadt mit vielen Einkehrmöglichkeiten, Malmöhus Schloss mit Schlosspark, Badestrände und diverse Museen.

© Lisa Müller, Botanischer Garten Lund

Auf der nahegelegenen Insel Ven kann man die schwedische Idylle pur genießen. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, hat man eine atemberaubende Aussicht über Öresund und kommt an Museen, einer Alpaka-Zucht, einem Golfplatz, einer kleinen Whisky-Destillerie und einer Kirche vorbei.

Mit dem Öresundzug gelangt man in 40 Minuten nach Kopenhagen. Daher bietet es sich auch an, über Kopenhagen den Flug zu buchen und anschließend mit dem Zug weiter nach Lund zu reisen.

Kosten für 4 Wochen in Lund

Flug (Hin- und Rückflug mit Austrian Airlines):

Ca. 250€

Unterkunft (Airbnb):

Ca. 600 – 900€

Essen und Trinken:

Ca. 400€

Transport (öffentliche Verkehrsmittel):

Ca. 100€

Gesamt:

Ca. 1500€/Monat

 

Interessante Webseiten

Zitierung:

Müller, Lisa: Erfahrungsbericht: Neuro-Pädiatrie in Schweden (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 05/20, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2020)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 05/2020 (Deutsche Ausgabe).

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