von Rudolf Winklhofer.
Da ich immer schon sehr gerne Zeit in den Bergen (wandern, Ski fahren, Besuch meiner Verwandten in Vorarlberg) verbrachte, war für mich früh in meinem Studium klar, dass ich einen Teil meines KPJs entweder in der Schweiz oder in Liechtenstein verbringen möchte. Zusätzlich imponierte mir schon zeitig, dass die medizinische Expertise in diesen beiden Ländern sehr an die US-amerikanischen Standards angelegt ist. Nach mehreren Gesprächen mit früheren MedizinstudentInnen, die das auch gemacht hatten, und nicht zuletzt auch durch die positiven Bewertungen hinsichtlich des Landesspital Liechtenstein entschloss ich mich dazu, 2 Monate meine KPJs am Landesspital Liechtenstein an der Abteilung für Innere Medizin in der Hauptstadt Vaduz zu machen.
Deshalb stellte ich mir vor, dass ich während meines Aufenthalts in Liechtenstein eine erstklassige fachliche Ausbildung erhalten würde und gleichzeitig in meiner Freizeit meine Leidenschaft für die Berge ausleben könnte.
Bewerbung und Anmeldung
Die Bewerbung gestaltete sich sehr unkompliziert. Wie in den Erfahrungsberichten angemerkt fand man auf der Website des Landesspital Liechtenstein die Ausschreibungen für die Unterassistentenstellen (das entspricht unseren KPJlern). Entsprechend der Ausschreibung schickte ich ein Motivationsschreiben inkl. Lebenslauf an Frau Marxer von der Personalabteilung, worauf ich wenige Tage später eine fixe Zusage bekam. Das weitere Prozedere wurde dann mit Frau Sele vom Human Ressources (HR) Department durchgeführt (Unterzeichnung des Arbeitsvertrages, der Verschwiegenheitserklärung, Abgabe eines Immunitätsnachweises, etc.). Gleichermaßen musste auch eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung beim Staat Liechtenstein beantragt werden, was jedoch auch völlig unkompliziert war, da das vom HR Department erledigt wurde und ich nur noch meine Unterschrift unter den Antrag setzen musste und folglich alles anstandslos genehmigt wurde.
Im Zuge der Bewerbung wurde man sogleich über das UnterassistentInnengehalt informiert, welches 1050 CHF (ca. € 1090) entspricht. Das ist im Vergleich zu Österreich höher, jedoch für die Verhältnisse in Liechtenstein recht gering. Im Gegenzug bekam man sehr günstig eine Personalwohnung in Vaduz zum Preis von 150 CHF zur Verfügung gestellt. Die Wohnung war eine Einzimmerwohnung mit WC, Bad und Küche und ca. 20 min. zu Fuß oder 8 min. mit dem Rad vom Krankenhaus entfernt.
Eine eigene Krankenversicherung war nicht notwendig, da Liechtenstein ein Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes und somit im Falle eines Notfalls die Kosten von der österreichischen Krankenkasse übernommen werden. Außerdem befindet sich Liechtenstein in unmittelbarer Nähe zu Vorarlberg, was den Zugang zur medizinischen Versorgung erleichtert. Während meines Aufenthaltes musste ich einmal zum Zahnarzt, weshalb ich nach Feldkirch fuhr und dort die zahnärztliche Behandlung durch Vorlage meiner E-Card erhielt.
Eine eigene Haftpflichtversicherung war nicht notwendig, da diese vom Krankenhaus für die StudentInnen bereitgestellt wurde.
Tätigkeit und Arbeitsbedingungen
Das Landesspital Liechtenstein ist das einzige Krankenhaus im gesamten Fürstentum Liechtenstein und verfügt über ca. 35 Betten, aufgeteilt auf zwei Stationen.
Die erste Station ist für allgemein-internistische PatientInnen, einschließlich Akutgeriatrie, bestimmt. Die zweite Station widmet sich der Betreuung von PatientInnen aus den Bereichen allgemeine und viszeralchirurgische, orthopädische und traumatologische Medizin.
Aufgrund des Umstandes, dass es sich hierbei um das einzige Krankenhaus in Liechtenstein handelte, war ein kompletter Querschnitt der Bevölkerung Liechtensteins unter dem PatientInnenkollektiv. Nur Kinder wurden nicht stationär behandelt, da das Krankenhaus keine Kinderabteilung hatte. Diese wurden in die Schweiz transferiert.
Es herrschte ein sehr angenehmer Umgangston, was sich beispielsweise darin zeigte, dass jeder bzw. jede (mit Ausnahme des Fürsten) mit „du“ angesprochen wird. Das schlägt sich auch in der flachen Hierarchie im Spital nieder. Es wurde stets betont, dass im Landesspital Liechtenstein eine Kultur der offenen Türen gepflegt werde. Dies wurde tatsächlich so gehandhabt und jeder war an Feedback interessiert. Aufgrund der flachen Hierarchie war es völlig normal, dass sich die beiden Chefärzte sofort mit dem Vornamen vorstellten. So war ein täglicher Fixpunkt der gemeinsame Kaffee nach der Morgenbesprechung, wo in entspannter Runde vor dem Beginn des alltäglichen Stresses noch einmal kurz miteinander die Zeit genossen wurde.
In Liechtenstein liegt die normale Arbeitszeit bei 45 Stunden pro Woche, was auch von den UnterassistentInnen geleistet werden muss. Grundsätzlich begann mein Arbeitstag um 7.30 Uhr und hätte bis 16.30 Uhr dauern sollen, jedoch war es kaum an einem Tag möglich, pünktlich zu gehen. Über eine App werden die geleisteten Arbeitsstunden aufgezeichnet, sodass wirklich jede Überstunde in Form von Zeitausgleich vergütet wurde. So kam es, dass ich verhältnismäßig viele Tage freihatte.
Als UnterassistentIn der Inneren Medizin kommt man grundsätzlich auf der Notaufnahme und der Station zum Einsatz. Ich war zuerst für ca. zwei Wochen auf der Station, welche hauptsächlich mit Routinetätigkeiten gefüllt war, weswegen ich diese Zeit nicht so sehr genoss. Auch war das, was ich dabei lernen konnte, eher überschaubar. Zudem kam hinzu, dass der Assistenzarzt, mit dem ich auf der Station zusammenarbeitete, selbst erst kurz vor mir im Landesspital Liechtenstein zu arbeiten begonnen hatte und sich auch erst zurechtfinden musste.
Die restliche Zeit verbrachte ich an der interdisziplinären Notaufnahme, was mir deutlich besser gefiel. Nach kurzer Einschulung betreute ich meine eigenen PatientInnen – von Anamnese, über Diagnostik bis hin zur Therapie – unter Rücksprache mit den AssistenzärztInnen und dem Oberarzt. Dadurch konnte ich viel lernen, was mir auch jetzt noch bei meiner Tätigkeit als Arzt in Basisausbildung stark hilft. Auf der Notaufnahme führte man selbstständig den Ultraschall durch, sodass ich auch auf diesem Gebiet meine Kompetenzen stärken konnte. Was mir hinsichtlich meiner Zeit auf der Notaufnahme als sehr positiv in Erinnerung blieb, ist, dass ich stets den Eindruck hatte, als vollwertiges Mitglied des Teams angesehen worden zu sein. So wurde meiner Einschätzung zur Anamnese und Diagnostik geglaubt und nicht stets kontrolliert, obwohl ich „nur“ Student war.
Grundsätzlich hatte ich den Eindruck, dass in Liechtenstein Medizin auf sehr hohem Niveau betrieben wird und das Knowhow sich sehr an den US-amerikanischen Wissensstandards orientiert.
Das Weiterbildungssystem erinnerte mich sehr an das österreichische System. Es gab mehrere Fortbildungen (ca. 2 pro Woche), zudem jeden Freitag bei der Morgenbesprechung einen Journal Club, wo immer eine Studie, welche relevant hinsichtlich der PatientInnen, die gerade betreut wurden, erschien. Außerdem gab es jeden Vormittag um ca. 11 Uhr eine Röntgenbesprechung, wo alle radiologischen Bildgebungen der letzten 24 Stunden besprochen wurden, was ich als sehr lehrreich empfand. Zudem waren die ÄrztInnen stets um eine gute Lehre bemüht.
Sprachlich hatte ich keine Probleme, da meiner Meinung nach das Deutsch, welches in Liechtenstein gesprochen wird, sehr nahe an dem ist, welches in Vorarlberg verwendet wird. Somit hatte ich glücklicherweise aufgrund meiner Übung in der Kommunikation mit meinen Verwandten aus Vorarlberg, wenig Schwierigkeiten.
Freizeit
Liechtenstein selbst ist ein sehr schönes, jedoch auch kleines Land, sodass man die wichtigsten Attraktionen wie die Innenstadt von Vaduz, das Liechtensteinische Landesmuseum, das Schloss Vaduz sowie das Kunstmuseum Liechtenstein sehr bald gesehen hat.
Aufgrund der Nähe zu Vorarlberg und der Schweiz konnten die anderen StudentInnen und ich auch diese Regionen erkunden. So besuchten wir während der Zeit in Liechtenstein die Bregenzer Festspiele.
Da ich im Sommer dort war, machte ich einige wirklich schöne Wanderungen und konnte somit das alpine Panorama bewundern. Während des Winters bietet sich das Fürstentum Liechtenstein bestimmt sehr gut zum Skifahren an.
Ein besonderes Highlight stellte für mich der Besuch des Fürstenfestes mit den anderen UnterassistentInnen dar. Hierbei handelt es sich um ein Volksfest am Nationalfeiertag, dem 15. August, des Fürstentums Liechtenstein, das im gesamten Land stattfindet und zu dem jährlich zehntausende Menschen erscheinen.
Conclusio
Abschließend möchte ich sagen, dass ich meine Zeit in Liechtenstein als sehr lehrreich und schön in Erinnerung habe und ich diese Erfahrung nicht missen möchte.
Kostentabelle
Reisekosten (hin und zurück) | EUR 0 mit Klimaticket, ca. EUR 200 ohne Klimaticket |
Unterkunft pro Person | ca. EUR 155 pro Monat |
Essen und Trinken | Ca. EUR 600 pro Monat |
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) | Ca. EUR 70 pro Monat |
Freizeitaktivitäten | Ca. EUR 70 pro Monat |
Krankenversicherung | Ca. EUR 70 pro Monat |
Haftpflichtversicherung | EUR 0 pro Monat |
Gesamt: | Ca. EUR 1025 – 1225 pro Monat |
Interessante Websites und weiterführende Links
https://www.landesspital.li/
Website des Landesspital Liechtenstein
aerztliches.sekretariat@landesspital.li
E-Mail-Adresse für Bewerbung als UnterassistentIn
ramona.sele@landespital.li
E-Mail-Adresse von Frau Sele vom HR-Department
https://tourismus.li/
Website des Tourismusverbands Liechtenstein, wo man auch den Erlebnispass erwerben kann, mit welchem man sehr günstig die meisten Sehenswürdigkeiten von Liechtenstein erkunden kann.
https://www.liechtenstein.li/
Website vom Fürstentum Liechtenstein selbst, wo man viele interessante Information über Liechtenstein erfahren kann.
https://liemobil.li/de
Website der öffentlichen Verkehrsmittel von Liechtenstein, wo man die Fahrpläne und Tickets erwerben kann.
Kontakt
Bei Fragen zu Rudolf Winklhofers, oder bei Fragen an Rudolf Winklhofer persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org
Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org
Zitierung:
Winklhofer, Rudolf : Klinisch Praktisches Jahr am Landesspital Liechtenstein (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 00/23, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2023)
Diese Publikation steht hier zum Download bereit.
Veröffentlicht in GI-Mail 00/2023 (Deutsche Ausgabe).
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