Mein Erasmus Semester in Griechenland

von Viktor Mori.

Ich habe mich für den Austausch in Thessaloniki entschieden, weil mich eine zukünftige Karriere im Ausland durchaus interessiert, und der ERASMUS+ Aufenthalt in Thessaloniki eines der wenigen Angebote, mit Unterricht in englischer Sprache ohne anderweitige Sprachkenntnisse, von unserer Universität war. Ich hatte die Erwartung einen anderen Blickwinkel auf die medizinische Tätigkeit zu erlangen und Griechenland kennenzulernen, da es mein erster Aufenthalt in diesem Land gewesen ist. Ein Jahr im Voraus öffnete sich das Anmeldefenster auf der offiziellen ERASMUS+ Website der Medizinischen Universität Wien und ich gab meine Präferenzen, unter anderem für Thessaloniki, an. Nach einigen Wochen kam die Ausschreibung, dass mein Platz bestätigt wurde.

© Viktor Mori, Medizinische Universität Wien, Österreich

Das Einzige, was noch verlangt war, war ein Sprachnachweis des Englischlevels B2. Da ich bereits den TOEFL Sprachtest auf Level C1 absolviert hatte, reichte ich dieses Ergebnis als Nachweis ein. Daraufhin kam die endgültige Zusage und es hieß warten. Da meine zwei KollegInnen und ich keinerlei Informationen bezüglich der Fächer und genauen Zeiträume bekamen, machten wir uns im Internet auf die Suche. Aufgrund zahlreicher widersprüchlicher Aussagen und der Tatsache, dass fast alle Websites ausschließlich auf Griechisch waren, kontaktierten wir unsere Ansprechperson in Griechenland. Trotz mehrmaliger E-Mails erhielten wir keine Antwort, weshalb wir schließlich die Person telefonisch kontaktierten. Leider erhielten wir dabei nur wenig hilfreiche Informationen. Schlussendlich wussten wir erst knapp 2 Wochen im Voraus wann wir wo sein sollten, die weiteren wichtigen Infos, wie Fächer und Zeiträume, erhielten wir leider erst vor Ort. Ende Februar ging es für mich ins Flugzeug.

2. Meine Reise und die Unterkunft

Nach einem schnellen Direktflug kam ich in Thessaloniki an und nahm den Bus zu meinem Airbnb. Die Suche nach einer Unterkunft für die Zeit des Erasmus Semester war schwierig und führte dazu, dass ich mir ein Airbnb zu einem stattlichen Preis mit meiner Frau, welche ebenfalls ihr Semester in Thessaloniki verbrachte, teilte. Während dem Warten auf den Bus und der Fahrt in die Stadt realisierte ich schon, dass in diesem Land alles ein bisschen anders funktioniert. Ohne eine einzige Anzeige, kam der Bus erst nach ca. 30 Minuten und war gestopft voll.  Nach einer turbulenten Fahrt kamen wir endlich am Apartment an. Es war in Ordnung, aber angesichts des Preises von 1000€ pro Monat hätte man sich mehr erwarten können. Zwei Tage später fühlten wir uns wie Asterix und Obelix auf der Suche nach dem Passierschein A-38 (In unserem Fall das Büro unserer Ansprechpartnerin). Nach vielen Stunden des Wartens bei diversen SekretärInnen und einer Schnitzeljagd durch den weitläufigen Campus, um unseren StudentInnenausweis und weitere Infos zu erhalten, war der bürokratische Teil erledigt und am darauffolgenden Tag begannen wir mit dem Gynäkologie Tertial.

3. Meine Tertiale

Das erste Spital war ein Privatspital, welches circa eine Stunde von der Stadt entfernt mit dem Bus zu erreichen war. Nach erneuter langer Suche und mehrmaligem Nachfragen erreichten wir unsere Abteilung. Da in Griechenland fast alles ausschließlich in griechischer Schrift angeschrieben war, meldeten wir uns für einen vergünstigten Griechischkurs über unsere Partneruniversität an (30€ für zwei Intensivkurse). In der Abteilung für Gynäkologie angekommen, wusste niemand, dass wir kommen. Nach einer kurzen Vorstellung unsererseits folgten wir den ÄrztInnen und versuchten, dass leider oftmals gebrochene Englisch, zu verstehen. Mit den PatientInnen wurde ausschließlich Griechisch gesprochen, selbstständiges Arbeiten war deswegen fast unmöglich. Die folgenden 5 Wochen Gynäkologie verbrachten wir meist zusammen mit den ÄrztInnen und beobachteten sie bei den PatientInnengesprächen. Das Highlight hier war Georgious, ein Arzt, welcher auf Ultraschall spezialisiert ist und unter anderem in England studiert hat. Er erklärte uns viel über die Technik und Pathologien. Ansonsten gab es an manchen Tagen die Möglichkeit in den OP zu gehen. Es wurden fast ausschließlich Kaiserschnitte durchgeführt und das Problem war, dass es auch ein duzend Hebammen-StudentInnen gab, welche auch immer zuschauen wollten. Zusammen mit den anderen griechischen MedizinstudentInnen standen wir also Schulter an Schulter mit zwanzig anderen Personen in einem bereits viel zu kleinen OP-Saal und versuchten einen Blick auf die Prozedur zu erhaschen. Ein Pluspunkt war, dass wir regelmäßig zum Kaffee eingeladen wurden.

Anschließend machten wir ein zweiwöchiges Augentertial, hier durften wir jeden Tag eine/n  ÄrztIn bei seiner/ihrer Schicht begleiten und es war sehr lehrreich. Diesmal waren von Beginn an keine anderen StudentInnen anwesend und man involvierte uns soweit es ging.

Das Neurologie- und HNO Tertial fanden im Universitätsspital von Thessaloniki, einem bereits in die Jahre gekommenen Gebäudekomplex, statt. In der Fachrichtung Neurologie, in der wir fünf Wochen verbrachten, begleiteten wir täglich einen Arzt namens Stelios zu seinen PatientInnen. Dabei führte er uns ausführlich in die Thematik ein und vermittelte uns intensiv das Fachwissen. Einmal wöchentlich gab es eine große Visite, welche nach Aufforderung des sehr rücksichtsvollen Primars der Abteilung auf Englisch abgehalten wurde. Weiters wurde uns erstmals der PatientInnenkontakt erlaubt und wir durften neurologische Untersuchungen und manchmal auch Anamnesen auf Englisch durchführen. Zum Abschluss verbrachten wir zwei Wochen in der HNO-Abteilung. Auch hier bekamen wir einiges erklärt und durften ebenfalls bei Untersuchungen zusehen. Hier bestand das erste Mal die Möglichkeit bei dem Teaching der griechischen StudentInnen teilzunehmen. Es gab 1–2-mal pro Woche Vorträge in englischer Sprache.

In allen Tertialen gab es keine Vorgaben zur Anwesenheit. Wir konnten flexibel sein; d. h. man konnte kommen und gehen wann man wollte oder auch länger bleiben, wenn dies sinnvoll war.  Im Prinzip waren wir immer anwesend, wenn wir fachlich profitieren konnten, und wenn uns die ÄrztInnen vor Ort eingebunden haben.

4. Fortbildungen und Arbeitsplätze

Wir nahmen am bereits zuvor erwähnten Sprachkurs teil, um die Grundlagen der griechischen Sprache zu erlernen. Leider war der Lernerfolg minimal, da der gesamte Kurs online stattfand und die Dozentinnen bereits fortgeschrittenes Griechisch mit uns sprachen. Zudem war der Kurs insgesamt sehr komprimiert, was es schwierig machte, das Material angemessen zu verarbeiten. Dennoch diente der Kurs als gute Grundlage um zumindest einzelne Wörter und somit den Sinn eines Gespräches zu verstehen. Die Fortbildungen in Krankenhaus und der Universitätsklinik waren fast immer nur in griechischer Sprache, d. h. exklusiv für griechische StudentInnen, es gab nur selten Vorträge, welche dann extra für uns auf Englisch abgehalten wurden.

Die Krankenhäuser in Griechenland sind stark renovierungsbedürftig, weswegen zurzeit ein neues Universitätsspital gebaut wird. Die ÄrztInnen arbeiten mit dem, was ihnen zur Verfügung steht und es war immer interessant zu sehen, mit welchen Methoden und Alternativen diese finanzielle Lücke im Alltag ausgeglichen wurde. So lernten wir zum Beispiel, dass ein Handschuh der perfekte Ersatz für einen Stauschlauch ist. Die Räume waren klein und es war immer gestopft voll, einen Rückzugsort für uns gab es in dem Sinne nicht. Das PatientInnen Spektrum war vielfältig, dennoch war die Mehrheit eher älter.

5. Versicherungen

Ich bin seit jeher über den ÖAMTC Weltreiseschutz versichert, und war bei der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA) sozialversichert, außerdem hatte ich eine Haushaltsversicherung sowie die inkludierte Versicherung meiner Kreditkarte. Da es sich um einen offiziellen Austausch mit der MUW handelte, war die Haftpflichtversicherung in dem ÖH-Beitrag inkludiert.

7. Kostentabelle

Flug (Hinflug und Rückflug mit Eurowings)Ca. € 300
Unterkunft (pro Person)Ca. € 500/Monat
Essen und Trinken:Ca. € 500/Monat
Transport (öffentliche Verkehrsmittel):Ca. € 30/Monat
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge)Ca. € 200/Monat
Gesamt:Ca. € 1200/Monat

8. Zusammenfassung

Es war eine interessante Erfahrung, dennoch fand ich die drei Monate zu lange und es war nicht annähernd so lehrreich wie wir es uns erhofft hatten. Thessaloniki war auch eine schlechte Wahl in dem Sinne, dass man weit fahren musste, um im Meer schwimmen zu gehen und Ausflüge zu machen. Das Sightseeing in Thessaloniki hatte man an einem Tag erledigt und es gab fast nichts zu unternehmen. Was positiv war ist, dass das Erasmus Student Network (ESN) vor Ort viele Ausflüge anbietet und auch einige Abende zum Kennenlernen der anderen StudentInnen veranstaltet. Jedoch sind die meisten Studierenden leider doch deutlich jünger gewesen und hatten andere Interessen, deshalb war es schwierig Anschluss zu finden.

Interessante Links:

Papageorgiou General Hospital (Privatspital in Thessaloniki)
http://www.papageorgiou-hospital.gr/

AHEPA Hospital (Universitätsspital von Thessaloniki)
http://www.ahepahosp.gr/

Public Transport APP (Sehr nützlich, um die Busse live zu verfolgen, stimmt nicht immer aber meistens)
https://apps.apple.com/de/app/oasth-bus/id997693786

ERASMUS+ Programm der Medizinischen Universität Wien (Informationen zu den Austauschmodalitäten)
https://www.meduniwien.ac.at/web/studierende/international/mobilitaetsprogramme/erasmus-plus/erasmus-lernmobilitaeten-humanmedizin-5-studienjahr/

Link zum Auslandsbüro der Medizinischen Universität Wien
https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/organisation/dienstleistungseinrichtungen-stabstellen/international-office/

ESN Thessaloniki (Informationen zu den Aktivitäten, welche von griechischen StudentInnen für ERASMUS+ StudentInnen organisiert werden):
https://esnthessaloniki.gr/

Kontakt

Bei Fragen zu Viktor Moris Famulatur, oder bei Fragen an Viktor Mori persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung:

Mori, Viktor: Mein Erasmus Semester in Griechenland (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 00/23 ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2023)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 00/2023 (Deutsche Ausgabe).

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