Mein PJ in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring, Wien

 

von Roya Mousavi

Bewerbungsprozess

Die Planung für mein KPJ-Tertial in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring begann bereits weit im Voraus. Nachdem ich während einer vorherigen Famulatur bereits sehr positive Erfahrungen in dieser Abteilung gemacht hatte, stand für mich fest, dass ich einen Teil meines klinisch-praktischen Jahres im Ausland absolvieren wollte. Der Bewerbungsprozess selbst gestaltete sich äußerst unkompliziert: Etwa zwei Jahre im Voraus kontaktierte ich das Sekretariat der Zentralen Notaufnahme per E-Mail und erhielt kurze Zeit später eine Zusage. Diese Erfahrung verdeutlichte, wie wichtig eine frühzeitige Planung ist, da die Plätze in der Notfallmedizin sehr begehrt und schnell vergeben sind.

Arbeitszeiten und Flexibilität
Die Arbeitszeiten während meines KPJ-Tertials waren äußerst flexibel gestaltet, was ich als sehr angenehm empfand. Die Dienstplanung umfasste sowohl Früh- als auch Spätdienste, die wir in Absprache mit den anderen KPJ-Studierenden nach unseren eigenen Wünschen einteilen konnten. Die Frühdienste begannen um 8:00 Uhr und endeten in der Regel gegen 16:00 Uhr, während die Spätdienste etwa gegen 14:30/15:00 Uhr starteten und bis ca. 22:00 Uhr andauerten. Zudem bestand die Möglichkeit, freiwillig an 12-Stunden-Nachtdiensten teilzunehmen. Insgesamt arbeitete ich pro Woche etwa vier bis fünf Dienste, wodurch ich die erforderliche Wochenstundenzahl problemlos erreichte.

Diese flexible Zeiteinteilung gab mir die Möglichkeit, an verschiedenen Wochentagen und zu unterschiedlichen Zeiten zu arbeiten, was sich als besonders lehrreich erwies. So konnte ich die Notaufnahme sowohl während der ruhigeren Vormittage als auch in den deutlich hektischeren Nachmittags- und Abendstunden erleben. Besonders interessant war es, die Unterschiede in den Krankheitsbildern der PatientInnen zwischen Tag- und Nachtdiensten zu beobachten.

Aufgaben und Tätigkeiten
Das Arbeitsspektrum in der Zentralen Notaufnahme war äußerst vielseitig und hing maßgeblich davon ab, wie viel Eigenverantwortung man sich zutraute. In den ersten Wochen bestand meine Hauptaufgabe darin, assistierend tätig zu sein, das System kennenzulernen und mich einzuarbeiten. Dies bedeutete, dass ich gemeinsam mit einer Ärztin oder einem Arzt PatientInnen betreute, die in den Untersuchungsboxen zunächst evaluiert wurden. Dabei hatte ich die Gelegenheit, viel über den strukturierten Ablauf einer Erstuntersuchung zu lernen und meine Fähigkeiten in der klinischen Untersuchung weiter zu vertiefen.
Nach einer gewissen Einarbeitungszeit und in Absprache mit dem Team hatte ich die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen KPJ-Studierenden – meist zu zweit – eine eigene KPJ-Box zu übernehmen. Diese „eigene“ Patienten-Box ermöglichte es uns, unter Supervision, PatientInnen eigenständig zu betreuen. Der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen KPJ-Studierenden wurden durch die Arbeit im Zweierteam stets gefördert.
Unser Aufgabenspektrum umfasste:

  • Anamnese-Erhebung
  • Klinische Untersuchung
  • Anordnung von Laboruntersuchungen/Untersuchungszuweisungen
  • Erstellung von Differenzialdiagnosen

Die Fälle, die wir in der KPJ-Box betreuen durften, waren überwiegend nicht-akut und umfassten eher chronische Beschwerden, wie zum Beispiel seit Wochen bestehende Rückenschmerzen oder anhaltende gastrointestinale Probleme. Obwohl es sich nicht um akute Notfälle handelte, stellten diese Fälle eine wertvolle Lerngelegenheit dar. Sie ermöglichten es uns, die Prinzipien des differentialdiagnostischen Denkens zu vertiefen und unser klinisches Urteilsvermögen gezielt zu schulen.

Nachdem wir die PatientInnen evaluiert hatten, besprachen wir die Fälle mit der zuständigen Oberärztin oder dem Oberarzt. Hier erhielten wir wertvolle Rückmeldungen und konnten gemeinsam die weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritte festlegen. Da uns die Supervision stets geduldig unterstützte und all unsere Fragen umfassend beantwortet wurden, war dieser Prozess besonders bereichernd.

Um die von unserer Universität vorgegebenen Anforderungen für ein Tertial in der Inneren Medizin zu erfüllen, wurden wir abwechselnd auf der Station eingeteilt („Stationswoche“). Dort lernten wir, Entlassungsbriefe zu schreiben, Visiten zu begleiten und Zuweisungen auszustellen, wodurch wir unsere KPJ-Mappe vervollständigen konnten. Auf der Station hielten sich die PatientInnen in der Regel nur ein bis zwei Tage auf, was zu einem hohen und vielfältigen Patientenaufkommen führte. Von kardialen Krankheitsbildern über gastrointestinale Probleme, Infektionskrankheiten, pulmonale Beschwerden bis hin zu Intoxikationen war alles dabei. Dadurch erhielten wir einen umfassenden Einblick in internistische Notfälle.

Ultraschall und Akutfälle                                                                                                                                 Ein weiteres Highlight meines Tertials war die Möglichkeit, Ultraschalluntersuchungen zu erlernen. Je nach Interesse konnten wir uns gezielt in die Sonografie einarbeiten und unter Anleitung erste eigene Untersuchungen durchführen. Das Team war sehr engagiert, uns den Zugang zu diesem wichtigen diagnostischen Instrument zu ermöglichen, wodurch ich meine Fähigkeiten im Bereich der Bildgebung erheblich verbessern konnte.

Obwohl die PatientInnen in der KPJ-Box selten in einem akut kritischen Zustand waren, wurde uns dennoch die Möglichkeit geboten, bei Notfällen dabei zu sein. Besonders bei Rettungstransporten mit sogenannten AVISO-Patienten (akute Notfälle wie Atemnot oder Thoraxschmerzen) durften wir in den Akut-Boxen zuschauen und die Abläufe miterleben. Die Beobachtung dieser Hochdruck- und Akutsituationen war äußerst lehrreich und half mir, ein besseres Verständnis für die dynamische Arbeit in der Notfallmedizin zu entwickeln.

Betreuung und Mentoring                                                                                                                            Die Betreuung während des Tertials war vorbildlich organisiert. Jedem/r KPJ-Studierenden wurde ein/e MentorIn sowie ein/e StellvertreterIn zugeteilt. Diese standen uns nicht nur bei fachlichen, sondern auch bei organisatorischen Fragen rund um das KPJ zur Seite. Nach Absprache war es möglich, die Dienste so zu legen, dass man dieselbe Schicht wie die/der zugeteilte Mentor/in absolvierte. Dies eröffnete uns die Gelegenheit zu intensivem 1:1-Teaching und stellte eine einmalige Lernchance dar.

Die gesamte Atmosphäre im Team war äußerst kollegial und unterstützend. Alle Mitarbeitenden, von den AssistenzärztInnen bis hin zur/dem Chefarzt/-ärztin, waren jederzeit für uns ansprechbar und beantworteten geduldig unsere Fragen. Besonders geschätzt habe ich die Offenheit, mit der wir auch komplexe Themen oder Unklarheiten besprechen konnten, sowie den respektvollen Umgang mit psychisch belastenden Situationen. Uns wurde zu keiner Zeit das Gefühl gegeben, eine Belastung zu sein; vielmehr wurden wir als wertvolle Teammitglieder behandelt.
Auch bei organisatorischen Fragen standen uns AnsprechpartnerInnen zur Verfügung, die uns bei der Planung unserer Dienste und bei weiteren Anliegen unterstützten.

KPJ in Wien                                                                                                                                                       Im klinisch-praktischen Jahr in Wien erhält man (Stand 2024) eine Aufwandsentschädigung von 800 EUR brutto sowie kostenloses Mittagessen im Krankenhaus. Davon wird noch die Sozialversicherung abgezogen, sodass man automatisch bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert ist. Die Lebenshaltungskosten belaufen sich auf etwa 500-700 EUR für die Miete und 250-300 EUR für Verpflegung und Freizeit. Die Anreisekosten aus Europa liegen bei etwa 150-300 EUR für einen Flug (je nach Buchungszeitpunkt und Abflugsort); mit Flixbus oder anderen Verkehrsmitteln können diese Kosten jedoch deutlich reduziert werden.

Für studienbezogene Anliegen steht die Studienvertretung ÖH Med Wien gerne zur Verfügung. Wien bietet eine Vielzahl an Freizeitmöglichkeiten. Besonders in den Frühling- und Sommermonaten laden zahlreiche Grünflächen und Outdoor-Aktivitäten zu einem guten Ausgleich zum KPJ ein. Zudem gibt es eine Vielzahl an Museen, kulturellen Highlights und vergünstigte Studententickets für Konzerte, Theater und Oper.

Fazit                                                                                                                                                              Mein 8-wöchiges Tertial in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring war für mich eine äußerst lehrreiche Erfahrung. Die Möglichkeit, PatientInnen eigenständig unter Supervision zu betreuen, half mir, meine Anamnese-Fähigkeiten und mein Verständnis für klinische Untersuchungen zu vertiefen. Besonders wertvoll war die Festigung meiner Kenntnisse in der EKG- und BGA-Interpretation, was in der Notfallmedizin unerlässlich ist. Durch das strukturierte Arbeiten in der KPJ-Box konnte ich mein eigenes Management kleinerer Notfälle unter Aufsicht ausprobieren und dabei mein Selbstvertrauen in klinische Entscheidungen stärken.

Ein weiterer Vorteil war die Möglichkeit, mich in der Ultraschalldiagnostik weiterzubilden. Dies stellte eine wertvolle Ergänzung zu meinen praktischen Fähigkeiten dar. Die Betreuung durch die MentorInnen sowie das großartige Team waren herausragend. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der herzliche und offene Umgang, der das Lernen in einem oft stressigen Umfeld umso angenehmer machte.

Zusammenfassend war dieses Tertial in der Notaufnahme eine perfekte Mischung aus Lernen, Praxis und Eigenverantwortung. Ich kann es allen zukünftigen KPJ-Studierenden nur wärmstens empfehlen – eine Erfahrung, die mir nicht nur fachlich, sondern auch persönlich unglaublich viel gebracht hat!

Kostentabelle

BeschreibungKosten in Euro
Unterkunft (pro Person) / Monat700
Essen und Trinken / Monat300
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat60
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge) / Monat100
Kosten pro Monat1160
Flug (Hinflug und Rückflug mit Sky)300
Gesamtkosten1460

Interessante Webseiten

Kontakt

Bei Fragen zu Roya Mousavi Famulatur, oder bei Fragen an Roya Mousavi persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

WP EB

Zitierung:

Mousavi, Roya: „Mein PJ in der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring, Wien“


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Wird veröffentlicht in GI-Mail 12/2025 (Deutsche Ausgabe).

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