von Anna Cho.
Anmeldung
Die Anmeldung für meine zweiwöchige Famulatur im „Pusan National University Hospital (PNUH)“, in Südkorea erfolgte per Mail. Ich habe mich für dieses Krankenhaus entschieden, da ich in Pusan/Busan geboren und aufgewachsen bin, weshalb ich neben dem österreichischen System auch das Gesundheitssystem meiner Heimatstadt kennenlernen wollte. Ich habe ca. 3 Monate vor dem Praktikum eine Mail inkl. CV an das Krankenhaus geschrieben (ihcpnuh@naver.com). Nach einigen Tagen habe ich eine Antwort bekommen. Im weiteren Verlauf habe ich meine Studienbestätigung
inkl. die gewünschte Abteilung (Neurochirurgie) und Zeit geschickt. Der Studentensekretär war äußerst nett und hilfreich. Es gab keine Schwierigkeiten bei der Anmeldung und wir haben uns einen Treffpunkt für meinen ersten Tag vereinbart.
Krankenhaus & Abteilung
Die PNUH wurde 1956 gebaut und stellt das größte Krankenhaus in Busan dar. Das Krankenhaus verfügt über 2300 Betten und ist auf dem aktuellen Stand der Technik und Medizin. Die Schwerpunkte von PNUH sind folgende: Hämato Onkologie, Dermatologie und Gynäkologie (v.a. IVF). Weitere Informationen über das Krankenhaus sind unter english.pnuh.or.kr zu finden.
Das Krankenhaus liegt sehr zentral und ist öffentlich gut zu erreichen. Es ist direkt gegenüber einer U-Bahn-Station und es fahren sehr viele Busse vorbei. Um das Krankenhaus gibt es außerdem sehr viele Restaurants, wo viele Mitarbeiter des Krankenhauses und Besucher mittags oder abends essen gehen.
Mein erster Tag
Am ersten Tag meiner Famulatur habe ich mich wie vereinbart beim Haupteingang des Krankenhauses mit dem Studentensekretär der neurochirurgischen Abteilung getroffen. Nach einem kleinen Rundgang durch das Krankenhaus brachte er mich in den Besprechungsraum der Abteilung, wo die Morgenbesprechung stattfinden würde, und machte mich mit einem Oberarzt der Abteilung bekannt. Am Ende der Morgenbesprechung durfte ich mich kurz dem gesamten Team vorstellen. Sie fragten welches Gebiet mich am meisten interessieren
würde, damit sie auf meine Interessen und Wünsche individuell eingehen können. Nach der Morgenbesprechung wurden die Assistenzärzte und ich von drei Oberärzten auf einen Kaffee eingeladen. Nach unserem netten Kaffeekränzchen wurde ich dann von einem Oberarzt gleich in den OP mitgenommen und in den klinischen Alltag eingebunden. Die erste Operation, die ich an der Klinik miterleben durfte, war eine mikroskopische Dekompression bei einer Patientin mit einem Diskusprolaps (L4/L5).
Arbeitszeiten und Arbeitsalltag
Die Arbeitszeiten für Studenten waren generell von 7.30 bis 17.30. Der Tag begann mit der Morgenbesprechung, gefolgt von einem netten Kaffeekränzchen, und OP oder Stationsbetreuung. Meine Tätigkeiten waren sehr vielfältig. Im OP durfte ich meistens assistieren und am Ende zunähen. Auf den Bettenstationen habe ich die Nähte oder Drainagen entfernt, Patienten selbstständig angeschaut, und bei diversen Eingriffen wie Tracheostomien assistiert. Wenn alles auf der Station erledigt war bzw. keine weiteren OPs mehr geplant waren, oder ich bereits private Pläne (z.B. Geburtstagsfeier) hatte, konnte ich ohne Probleme früher gehen. Die Abteilung war der Meinung, dass man als Student nicht an Wochenenden oder an Feiertagen arbeiten sollte, da die Abteilung zu diesen Zeiten meist ruhig ist und wir Studenten somit weniger von der Zeit im Krankenhaus profitieren würden.
Die Arbeitszeiten für Assistenzärzte waren allerdings ganz anders. Durch eine verkürzte Facharzt-Ausbildung von 4-5 Jahren, statt 6 Jahren in Europa oder 7 Jahren in Nordamerika, war die Anzahl der Arbeitsstunden deutlich höher. Die Assistenzärzte arbeiten 100-120 (!!) Stunden pro Woche, was zugleich bedeutet, dass die Assistenzärzte im Krankenhaus ihr eigenes Bett hatten. Einmal in der Woche konnten die Assistenzärzte nach Hause gehen oder das Leben außerhalb des Krankenhauses genießen. Die meisten von ihnen lebten daher noch weiter bei den Eltern, da es sich nicht auszahlte sich eine eigene Wohnung zu mieten. Man muss aber auch dazusagen, dass sie nicht 100-120 Stunden durchgehend arbeiten, sondern auch unter Tags ein Nachmittagsschläfchen machen oder draußen essen gehen können.
Dieses System war früher auch in anderen Ländern vertreten, wobei die Assistenzärzte, engl. „Residents“ (= Bewohner) des Krankenhauses waren. Das System wurde zuerst in Nordamerika eingeführt und das Wort „Residency“ leitet sich von dem Wort „to reside“ ab. Durch die hohen Belastungen für die Ärzte wurde das System allerdings in vielen Ländern wieder abgeschafft. In einigen chirurgischen Abteilungen in Korea wird diese Praxis allerdings noch heute weitergeführt. Es wird behauptet, dass die Qualität der Ausbildung durch diese intensive Ausbildung gesichert sei.
Teaching
Ein großer Unterschied zu Österreich war, dass ich per Telefon sowohl von Assistenzärzten als auch von Oberärzten benachrichtigt wurde, wenn ein spannender Fall oder Eingriff geplant war. Ich konnte jeder Zeit Fragen stellen, ohne schief angeschaut zu werden und manchmal wurden Fälle mit mir separat diskutiert. Man war als Student überall willkommen. Die Betreuung hätte meiner Meinung nach nicht besser sein können.
Fortbildungen
Es gab 2-3x in der Woche interne Fortbildungen, die meistens nach den Morgenbesprechungen stattfanden. Dabei handelt es sich entweder um State-of-the-Art oder Fall- Präsentationen von Assistenzärzten. Es wurden auch zwischendurch Fragen von den Oberärzten gestellt, wie z.B. welches Gefäß sehen wir hier? Welche Komplikationen können bei so einer Operation auftreten? Wie kann man es besser machen bzw. verbessern? Was lernen wir daraus? u.v.m. Die Fragen wurden in einer entspannten Atmosphäre in die Runde gefragt. Wenn es keiner beantworten konnte, hat der Oberarzt selbst die Fragen beantwortet und die entsprechende Literatur zitiert. An meinem letzten Tag durfte ich ebenfalls einen spannenden Fall über einen Patienten mit Epidural- und Subduralblutung berichten.
Hierarchie
Die Hierarchie war auf Grund der koreanischen Kultur sicherlich ständig vorhanden, allerdings war eine sehr gute Stimmung in der Abteilung zu spüren. Die Assistenzärzte wurden für die Arbeit und Leistungen sehr wertgeschätzt und respektiert. Die Gruppendynamik war trotz der langen Arbeitszeiten, durch das gemeinsame Kaffeekränzchen jeden Morgen und das gemeinsame Abendessen hervorragend.
Sprache
Sprachprobleme gab es bei mir im Großen und Ganzen keine, da meine Muttersprache Koreanisch ist. Wenn mir allerdings die Fachbegriffe nicht auf Koreanisch eingefallen sind, konnte ich sie ohne Probleme auf Englisch sagen und sie haben mich ebenfalls verstanden. Für die Kommunikation mit dem Team ist Koreanisch nicht die Voraussetzung, allerdings könnte es auf den Bettenstationen schwierig sein, da viele Patienten, vor allem die ältere Generation, kein Englisch sprechen.
Versicherung
Durch die Sozialversicherung meiner Mutter, war ich automatisch mitversichert. Durch die zusätzliche Reise- und Unfallversicherung der Kreditkarte von der Ersten Bank und der ÖH Versicherung waren meine Versicherungen komplett abgedeckt.
Kostentabelle für zwei Wochen
Die folgenden Kosten bieten einen Überblick über meinen Aufenthalt. Allerdings lebt meine Familie in Korea, weshalb ich sowohl von ihnen, aber auch von Ärzten immer wieder zum Essen eingeladen wurde.
Flug (Hin und Zurück): Ca. 600 €
Unterkünfte (pro Person): Nicht relevant – Wohnung in Korea. (Würde mit ca. 500-600€ rechnen)
Essen und Trinken: Ca. 400 €
Transport: Ca. 150 €
Gebühren für 2 Wochen Famulatur: 0 €
Aktivitäten (Safari, Tauchen, Surfen, etc.): Ca. 150-200 €
Gesamt: Ca. 1400-1900 €
Conclusio
Die zwei Wochen sind wie im Flug vergangen. Am letzten Tag meiner Famulatur wurde ich von zwei Oberärzten noch zum Abschiedsessen eingeladen. Die zwei Wochen waren nicht nur lehrreich, sondern haben mir so viel Spaß gemacht, dass ich am liebsten noch weitere 2 Wochen geblieben wäre. Ich kann es nur empfehlen!
Interessante Webseiten
- Liste aller Krankenhäuser in Korea inkl. Kontaktdaten
- Homepage der Korean Medical Student Association (KMSA)
- Facebook-Seite der Homepage der Korean Medical Student Association (KMSA)
- Koreanisches Gesundheitsministerium
- Aktuelle Informationen und Nachrichten über die Stadt
- To-Do-Liste in Busan
- Sehenswürdigkeiten in Busan
Kontakt
Bei Fragen zu Anna Chos Famulatur, oder bei Fragen an Anna Cho persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org
Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org
Zitierung:
Cho, Anna: Meine Famulatur in Südkorea – eine unvergessliche Erfahrung. (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 07, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2020)
Diese Publikation steht hier zum Download bereit.
Veröffentlicht in GI-Mail 07/2020 (Deutsche Ausgabe).
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