Von Patricia Trost
Warum wollte ich mein KPJ in der Schweiz machen?
Ein Klinisch-Praktisches-Jahr (KPJ) in Zeiten der Covid-19 Pandemie zu organisieren, hat sich im Jahr 2020 eher schwierig gestaltet. Da nichtsdestotrotz meine Motivation weiterhin aufrecht blieb, über den Tellerrand Österreichs hinausschauen zu wollen, habe ich mich für eine 4-monatige Rotation für Innere Medizin am Universitätsspital in Zürich (USZ) beworben.
Die geografische und sprachliche Nähe zu meinem Heimatland Österreich, sowie die in der Schweiz übliche finanzielle Entlohnung, haben mir diese Entscheidung leicht gemacht, obwohl 2020 die Umstände und Situationen sehr unberechenbar waren.
Aus Erfahrungen anderer wusste ich, dass „die Eidgenossen“ ein sehr fleißiges und arbeitsames Volk sind, was sich unter anderem in der Qualität der Ausbildung bemerkbar macht. Mit den Erwartungen in der Schweiz gefordert aber auch gefördert zu werden, habe ich mich für mein KPJ-Tertial „Innere Medizin“ am Universitätsspital in Zürich entschieden.
Die Bewerbung
Die Bewerbung am USZ für das Fach Innere Medizin hat sich als sehr unkompliziert und gut organisiert herausgestellt. Auf der regelmäßig aktualisierten Website sieht man die dort verfügbaren Stellen für UnterassistentInnen, wie KPJ-StudentInnen in der Schweiz bezeichnet werden. Dem Klischeebild des „Schweizers“ entsprechend habe ich auch innerhalb kürzester Zeit eine Antwort erhalten und erfahren, dass alle weiteren Schritte in die Wege geleitet werden.
Der Klinikalltag auf der Poliklinik für Innere Medizin -USZ
Als StudentIn wird man auf der Poliklinik für Innere Medizin eingeteilt und genießt eine abwechslungsreiche Zeit in gleich mehreren Fachrichtungen, was sowohl unsere angehenden Internisten begrüßt haben, wie auch jene, die einfach einen breiten Überblick über die internistischen Fächer und deren Krankheitsbilder gewinnen wollten. Vor dem Praktikum durfte ich meine eigenen Interessensgebiete und Präferenzen angeben und so kam es, dass ich auf der Angiologie-Station starten durfte, welche ich als eigenständige Klinik so noch nicht kannte. Von routinemäßigen perkutanen transluminalen Angioplastien, kurz PTA, über EKOS-Lysierungen (eine ultraschallgestützte Lyse) bei Lungenembolien bis hin zu interdisziplinären Thrombektomien mit Radiologie und Neurochirurgie habe ich in den wenigen Wochen einen sehr umfangreichen Eindruck von diesem Angiologie Fach erhalten.
Weiter ging es im Anschluss für mich in die Kardiologie-Ambulanz, wo ich nicht nur täglich Elektrokardiographien beurteilen durfte und viel Teaching erfahren habe, sondern meine eigenen PatientInnen managen durfte – diese Rotation kann ich wirklich sehr empfehlen, da man dort auf sehr motivierte und von ihrem Fach begeisterte ÄrztInnen trifft, die einem gerne vieles beibringen.Nach meiner Zeit in der stark spezialisierten Kardiologie-Ambulanz wurde ich durch die nächste Rotation in die Notfall-Ambulanz mit einem deutlich erweiterten Spektrum an Krankheitsbildern konfrontiert, was meiner Meinung nach die anspruchsvollste Rotation war. Auch dort durfte ich die PatientInnen initial selbst befragen und untersuchen. Ich hatte die Möglichkeit, den Fall entweder den Assistenzärzt:innen zu präsentieren oder, nach einer kurzen Einarbeitungszeit, direkt mit den Oberärzt:innen das weitere Vorgehen zu besprechen. Das Schöne für mich war definitiv die Freiheit, Wünsche und Interessen bekannt geben zu dürfen, die als Präferenzen tatsächlich für die Einteilung beherzigt wurden.
Zusammenfassend erwartet einen ein breites Spektrum an Krankheitsbildern, was zum einen dem vergleichsweise häufigen Wechsel der Fachrichtungen im Rahmen der oben beschriebenen Rotationen und zum anderen dem Status eines Universitätsklinikums zu verdanken ist.
Wie in so vielen Spitälern und vor allem in Unikliniken wird ein gewisses Maß an Eigenengagement und Selbstständigkeit von den StudentInnen erwartet. Wer Interesse und Motivation zeigt, dem wird auch gerne Neues gezeigt und mehr zugetraut. Gearbeitet wird überwiegend mit den AssistenzärztInnen. Wer schon eingespielter ist und die Abläufe bereits kennt, der , kommuniziert auch direkt mit den OberärztInnen und darf bereits eigene PatientInnen übernehmen. Im Generellen herrscht an der Klinik ein universitär-hierarchisches und professionelles Klima, jedoch findet sich auch immer Zeit für einen informellen und kollegialen Austausch beim Kaffee.
Ein durchschnittlicher Arbeitstag beginnt um 8 Uhr morgens und endet meist gegen 17 Uhr, falls wenig los ist kann man auch um einiges früher die Station verlassen. Für Dienste auf der Notfallabteilung wird man in ein zeitlich festgelegtes Schichtsystem eingeteilt. Es erwartete mich eine Schichtrotation vom Früh-, in den Spät- und Nachtdienst, getrennt von jeweils vier Kompensationstagen. Wenn du also im Frühdienst startest, arbeitest du 4 Tage hintereinander von 8 bis 15 Uhr. Du wirst jeden Tag von dem/der UnterassistentIn des Spätdiensts abgelöst und genießt danach 4 freie Tage, bevor es als Spätdienst und in weiterer Folge als Nachtdienst weitergeht.
In der Schweiz ist das Patienten-Dokumentations-System KISIM weit verbreitet. Das bedeutet Patienten-Kurvenschreiben ade! Eine Einschulung in das KISIM erhält man zu Beginn des Praktikums vor Ort. Nachdem man sich in dem System ein wenig eingefunden hat, lernt man es auch schnell zu schätzen, da es eine zeitsparende und effiziente Arbeitsweise ermöglicht. Darüber hinaus sind die Ausstattung und Möglichkeiten zur medizinischen Versorgung gut mit Österreich vergleichbar.
Einer der Vorzüge an einer Uniklinik tätig zu sein sind die regelmäßig stattfindenden Fort- und Weiterbildungen: Studierende sind in den wöchentlichen UnterassistentInnen-Fortbildungen, AssistentInnenfortbildungen und Präsentationen aktueller wissenschaftlicher Publikationen gern gesehen.
Eine Hürde stellt möglicherweise und erfahrungsgemäß vor allem für die Studierenden aus Deutschland das Schwyzerdütsch dar. Nach ein wenig Eingewöhnungszeit ist aber auch diese Kommunikationsschwierigkeit bewältigt
Finanzielles und Versicherungen
Wie ich bereits erwähnte erhalten StudentInnen als „UnterassistentInnen“ ein monatliches Gehalt in der Höhe von CHF 900. Diese Vergütung in Schweizer Franken (CHF) macht das Praktikum lukrativer als andere, leider bleibt aufgrund der hohen Mietpreise in Zürich nicht viel davon übrig. Am USZ es gibt die Möglichkeit für KPJ-StudentInnen ein Zimmer im Personalwohnhaus zu mieten. Die monatliche Miete beträgt CHF 650,. Somit lässt sich die Vergütung wiederum sehr gut mit einem KPJ in Österreich vergleichen, wo die Mietpreise und Lebenshaltungskosten wesentlich niedriger sind. Als Wiener Studierende genießen wir während medizinischer Praktika den Unfall- und Haftpflichtversicherungsschutz durch unsere Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaf (ÖH), sozialversichert ist man als österreichische/r StudentIn zumeist noch bei den Eltern und jedenfalls mit einer gültigen europäischen Sozialversicherungskarte (e-card) auch in der Schweiz gedeckt.
Freizeit und Tourismus nach der Klinik
Ein besonderer Anreiz ein paar Monate in der Schweiz zu verbringen war für mich definitiv die beeindruckende Natur mit ihren Seen und den tollen Wanderwegen. Je nach Jahreszeit werden einem etliche Freizeitbeschäftigungen angeboten: Egal ob Skifahren im Winter, Ausflüge nach Grindelwald, Baden im Zürchisee, Wandern im Berner Oberland, ein verlängertes Wochenende im schönen Tessin, das kompakte Land und das gut ausgebildete Verkehrsnetz macht alles möglich. Mein absolutes Highlight war jedoch das traditionelle „Aareböötle“, bei dem sich Grüppchen zusammenfinden, sich ihre Schwimmwesten, Schwimmreifen oder sogar Schlauchboote, schnappen und sich an den heißen Sommertagen eine Abkühlung in der Aare holen. Definitiv empfehlen kann ich bei Thun in die Aare zu hüpfen und sich dann 3 Stunden lang flussabwärts treiben zu lassen, bis man im Marzili, einem Freibad, in Bern ankommt und dort den Tag beim Grillieren ausklingen lässt.
Kostentabelle für 4 Monate
An- und Abreise mit der ÖBB-Vorteilscard | EUR 150 |
Unterkunft (im Personalwohnhaus des USZ in der Vogelsangstrasse – 5 min entfernt von der Klinik) | CHF 650/ Monat |
Essen und Trinken | CHF 400/ Monat |
Öffentliche Verkehrsmittel (Höhe der Transportkosten sind stark abhängig von der Freizeitgestaltung und in der Schweiz recht teuer – es empfiehlt sich Ausschau nach einem sogenannten „Halbtax“ zu halten (50 % des Fahrpreises) | CHF 100/ Monat |
Freizeit | CHF 50/ Monat |
Gesamt | CHF 1200/ Monat |
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Anreise: Bahn von Wien nach Zürich ist sehr günstig, wenn man sie früh bucht. Vor allem mit der ÖBB-Vorteilscard für 70€ pro Strecke oder ÖBB Sparschiene für 30€ pro Strecke, Dauer 8 Stunden mit dem Railjet.
Öffis: Höhe der Transportkosten sind stark abhängig von der Freizeitgestaltung und in der Schweiz recht teuer – es empfiehlt sich Ausschau nach einem sogenannten „Halbtax“ zu halten (50 % des Fahrpreises)
Zusammengefasst lassen sich nicht alle Kosten mit dem Gehalt vom USZ alleine decken.
Interessante Webseiten
- Bundesamt für Gesundheit (Einreisebedingungen, seit 2022 stark gelockerte COVID-Maßnahmen)
- Günstiger durch die Schweiz mit dem Halbtax: ein Schnupperhalbtax kann für 30 CHF für 1 Monat erworben werden
- Wir präsentieren Dir 18 Touren zu idyllischen Bergseen und spektakulären Wasserfällen, zu ruhigen Flüssen, frischen Quellen und wilden Klammen in der Schweiz
- Eventkalender für Zürich
- Wahnsinnig gutes japanisches Restaurant in Zürich
- Lieblingspizzeria in Zürich: Napulé und San Gennaro
Bei Fragen zu Patricia Trosts Famulatur, oder bei Fragen an Patricia Trost persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org
Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org
Zitierung:
Diese Publikation steht hier zum Download bereit.
Veröffentlicht in GI-Mail 01/2025 (Deutsche Ausgabe).
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