PJ in Südkorea 2 Monate am SNUH in Seoul – Medizin trifft Kultur und Gastfreundschaft

von Yunus Soysal

Motivation für den Auslandsaufenthalt
Ich habe zwei Monate in Südkorea verbracht, genauer gesagt in Seoul am National University Hospital (SNUH). In diesem Erfahrungsbericht möchte ich euch gerne von meinen Eindrücken über Kultur, Medizin und die koreanische Gastfreundschaft berichten.
Warum Südkorea? Schon lange hat mich das Land mit seiner einzigartigen Kultur und seinen Bräuchen fasziniert. Besonders die koreanische Küche und die Kultur der Gastfreundschaft haben mein Interesse geweckt. Mir war bewusst, dass ich hier in eine völlig andere Gesellschaft eintauchen würde, und diese Perspektive reizte mich sehr. Medizinisch gesehen hatte ich hohe Erwartungen an diese Erfahrung:

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Yunus Soysal

Die Kardiologie-Abteilung des Seoul National University Hospital (SNUH) zählt zu den renommiertesten weltweit. Der Zugang zu modernster Medizintechnologie in einem kulturell spannenden Umfeld bot daher eine ideale Möglichkeit, mich sowohl beruflich als auch persönlich weiterzuentwickeln.

Bewerbung und Anmeldung

Die Bewerbung erfolgte über das offizielle Anmeldeformular der Seoul National University, das klar strukturierte Angaben und Fristen enthielt. Zunächst schien der Ablauf unkompliziert; jedoch stellte sich die Erfüllung der spezifischen Nachweispflichten als etwas zeitaufwendig heraus. Die SNUH-Ansprechpartner reagierten jedoch stets schnell und hilfreich. Ich empfehle Bewerbern, sich rechtzeitig um die Unterlagen zu kümmern, da die Bearbeitung oft etwas dauert.

Tätigkeitsbereich und Arbeitsbedingungen

Von April bis Mai 2024 war ich in der Kardiologie-Abteilung des SNUH tätig, eine Klinik, die sich durch Hightech-Infrastruktur und ausgezeichnete Standards auszeichnet. Die Hierarchie in Korea ist wesentlich strenger und stark von Alters- und Erfahrungsunterschieden geprägt. Es ist üblich, sich bei ranghöheren Kollegen und Ärzten tief zu verbeugen – je höher die Hierarchie, desto tiefer die Verbeugung. Dieser Respekt vor dem Alter und der Erfahrung ist tief in der koreanischen Gesellschaft verwurzelt und in dem Arbeitsumfeld besonders spürbar. Für mich war es eine interessante Erfahrung, den Unterschied zu flacheren Hierarchien in Europa zu erleben.

Die sprachlichen Herausforderungen in der Klinik waren erheblich, da das koreanische Medizinstudium auf Koreanisch und Englisch basiert, wobei allerdings nur die Professoren fließend Englischsprechen können. Der Austausch mit Patienten und Pflegepersonal gestaltete sich daher sprachlich schwierig. Glücklicherweise war das Team geduldig und unterstützte mich, indem sie mich in die alltäglichen Abläufe integrierten und auch bei kleineren sprachlichen Problemen halfen. Das Tagesprogramm war meist klar strukturiert: Unter der Woche arbeiteten wir von 9 Uhr bis 17 Uhr. Regelmäßige Fortbildungen und Fallbesprechungen fanden statt und boten spannende Einblicke in das koreanische Gesundheitssystem.

Arbeitsplatz und Patientenprofil

Das SNUH gilt als eine der modernsten Universitätskliniken weltweit, die vollständig digitalisiert ist und auf dem neuesten Stand der Medizintechnik arbeitet. Die Klinik verfügt über eine große Bettenkapazität, und die Kardiologie-Abteilung hatte ein Patientenprofil, welches mir vertraut vorkam: vorwiegend ältere Männer mit Risikofaktoren wie Nikotinabusus und Dyslipidämie. Trotz der Unterschiede in der Kultur waren die medizinischen Herausforderungen ähnlich wie in Deutschland.

Mein Mentor während des Aufenthalts war auf cholesterinassoziierte Erkrankungen spezialisiert, weshalb ein gewisser Patientenbias berücksichtigt werden muss.
Der eindrucksvollste Patientenfall betraf einen jungen Mann, der während seines Grundwehrdienstes in der entmilitarisierten Zone zwischen Nordkorea und Südkorea eine Tuberkuloseinfektion erlitt, die zu einer konstriktiven Perikarditis führte. Erst eine Perikardektomie konnte die Symptome der daraus resultierenden Herzinsuffizienz weitestgehend lindern. Diesen Fall empfand Ich allerdings als Ausnahme, da die meisten Patientengeschichten, wie bereits erwähnt, zentraleuropäischen Schicksalen ähnelten.

Krankenversicherung und Absicherung

Meine Auslandsversicherung hatte ich über den ADAC abgeschlossen, wodurch ich vor unerwarteten medizinischen Kosten geschützt war.

Kulinarisches Highlight: Der Gwangjang Market und die koreanische Esskultur

Der Besuch des Gwangjang Markets in Seoul ist sowohl für Feinschmecker als auch für Kulturinteressierte ein absolutes Muss. Dieser Markt ist ein Paradies für Liebhaber koreanischer Gerichte und gehört zu den ältesten und berühmtesten Street Food-Märkten des Landes. Der Markt wurde durch die Netflix-Dokumentationsreihe Chef’s Table bekannt und zieht täglich Tausende von Einheimischen und Touristen an. Inmitten der Markthallen kann man traditionelle Gerichte wie Kalguksu (handgeschnittene Nudelsuppe), Kimbap (mit Gemüse und Reis gefüllte Seetangrollen), Japchae (süße Kartoffelnudeln mit Gemüse) und Tteokbokki (Reiskuchen in scharfer Sauce) probieren. Ein besonderes Highlight war Yukhoe, eine Art koreanisches Tatar aus mariniertem Rindfleisch, dessen Geschmack und Textur unvergleichlich sind.

In Korea ist Essen eine soziale Aktivität. Traditionell wird in Gruppen gegessen, und das Teilen der Speisen ist ein zentraler Bestandteil des Essensrituals. Die Praxis des gemeinsamen Essens ist in konfuzianischen Werte verwurzelt, die das Zusammensein und die gegenseitige Wertschätzung betonen. Selbst in der heutigen Zeit hat diese Esskultur große Relevanz: Beim Essen steht nicht nur das Sättigen des Körpers im Mittelpunkt, sondern auch um das Stärken sozialer Bindungen. Dies spiegelt sich in den Restaurants wider, in denen die Speisen oft in der Mitte des Tisches angerichtet sind, sodass jeder Gast von allen Gerichten probieren kann. Auf Einladung des Chefarztes fanden häufig Team-Dinner statt, bei denen reichlich Soju floss.

Auf dem Gwangjang Market konnte ich diese soziale Esskultur live erleben: Hier begegnet man den Köchinnen und Köchen persönlich, viele von ihnen sind schon seit Jahrzehnten an ihren Ständen tätig und genießen das Vertrauen und die Anerkennung der Einheimischen. Es war faszinierend, zu beobachten, wie Stammkunden und die Köchinnen eine vertraute Beziehung pflegen, was dem Markt eine warme und einladende Atmosphäre verleiht.

Die Qualität der Gerichte auf dem Gwangjang Market übertraf alles, was ich bisher in Europa an koreanischen Speisen gekostet hatte. Durch die Frische der Zutaten und die traditionelle Zubereitungsweise schmeckten die Speisen authentisch und intensiv. Ein besonderes Highlight war Kalguksu – die handgeschnittenen Nudeln hatten eine außergewöhnliche Konsistenz, und die Brühe war reichhaltig und geschmacksintensiv. Auch das Tteokbokki auf dem Markt hatte eine besondere Schärfe und Tiefe, die ich so nur dort gefunden habe.

Fazit und Empfehlung

Mein Auslandsaufenthalt in Seoul war eine intensive und bereichernde Erfahrung, geprägt von kulturellen, kulinarischen und medizinischen Eindrücken. Die koreanische Esskultur und Gastfreundschaft haben mich nachhaltig beeindruckt und mich gelehrt, wie Essen in Korea als verbindendes Element zwischen Menschen dient. Fachlich konnte ich meine Fachkenntnisse in der Kardiologie in einem hochmodernen Umfeld weiterentwickeln und gleichzeitig lernen, mich in einem fremden, stark hierarchisch geprägten Umfeld zurechtzufinden.

Für zukünftige Praktikanten empfehle ich, sich frühzeitig um Bewerbungsunterlagen und Versicherungen zu kümmern. Zudem ist es ratsam, sich vorab intensiv mit der koreanischen Kultur und Sprache zu beschäftigen, um den Austausch noch eindrucksvoller und gewinnbringender zu gestalten.

Kostentabelle

BeschreibungKosten in Euro
Unterkunft / Monat700
Essen und Trinken / Monat1000
Transport (öffentliche Verkehrsmittel) / Monat60
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge) / Monat750
Summe / Monat2500
Summe 2 Monate5000
Reisekosten, Flug (Hinflug und Rückflug mit Turkish Airlines)1100
Gesamtsumme6100

Interessante Webseiten

  • Bewerbung: Hierbei handelt es sich um die offizielle Bewerbungswebseite der Seoul National University.
  • Bei den Researchbereichen des jeweiligen Professors: Jeder Student wird einem Mentor zugeteilt, meist handelt es sich hierbei um Junior Professoren. Ihr solltet euch vorher mit den Researchbereichen des jeweiligen Professors auseinandersetzen, da diese im Rahmen der Ambulanztätigkeit und bei interventionellen und operativen Eingriffen relevant werden können.
  • KakaoTalk: In Korea wird die App “KakaoTalk“ als Whatsapp-Alternative verwendet. Ihr solltet euch bereits vor Beginn des Aufenthalts die App eingerichtet haben, da die locals primär KakaoTalk als Kommunikationstool verwenden.
  • Naver: Das koreanische Google
  • Maps und Kakao Maps: Google Maps wird in Korea nicht verwendet, stattdessen stehen euch Maps von Naver und Kakao zur Verfügung. Solltet ihr kein koreanisch können werdet ihr schnell merken, dass Naver als englische Map die bessere Alternative darstellt.

Kontakt

Bei Fragen zu Yunus Soysal Famulatur, oder bei Fragen an Yunus Soysal persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Fotos

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Zitierung:

Soysal, Yunus: „Erfahrungsbericht : KPJ in Seoul- Kultur, Medizin und koreanische Gastfreundschaft“


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Wird veröffentlicht in GI-Mail 07/2025 (Deutsche Ausgabe).

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