Doppelte Lungentransplantation heilt deutsche Patientin von Lungenkrebs

Chicago/Berlin – Eine Berliner Patientin mit fortgeschrittenem Lungenkrebs hat durch eine neuartige Doppellungentransplantation in den USA eine zweite Chance aufs Leben erhalten. Der hochriskante Eingriff könnte für ausgewählte Krebspatienten künftig neue Therapieoption werden.
Diagnose im jungen Alter: Lungenkrebs trotz gesunder Lebensweise
Cornelia Tischmacher, 40-jährige Kunsthändlerin und Mutter von Zwillingen, erhielt 2018 die Schockdiagnose: Lungenkrebs im Stadium III – nur wenige Monate nach der Geburt ihrer Kinder. Trotz Operation und Chemotherapie kehrte der Krebs schnell zurück. 2024 war ihre Lungenfunktion so stark eingeschränkt, dass sie ohne Sauerstoffgerät nicht mehr überleben konnte.
Letzte Hoffnung: Teilnahme am US-DREAM-Programm
Als alle herkömmlichen Behandlungsoptionen erschöpft waren, erfuhr Tischmacher von einer weltweit einzigartigen klinischen Studie am Northwestern Medicine in Chicago: dem sogenannten DREAM-Programm (Double Lung Transplant Registry Aimed for Lung-Limited Malignancies). Es richtet sich an Patienten mit auf die Lunge begrenztem Krebs, die ansonsten keine Überlebenschance hätten.
Neue OP-Technik: Beide Lungen gleichzeitig entfernt und ersetzt
Bisheriges Problem bei Lungentransplantationen bei Krebspatienten: Bei der herkömmlichen Methode bleibt kurzzeitig eine befallene Lunge im Körper – mit dem Risiko, dass Krebszellen auf die neue Lunge übergreifen.
Das Team um Dr. Ankit Bharat, Chefarzt der Thoraxchirurgie, entwickelte daher eine radikale Technik: Beide erkrankten Lungen werden gleichzeitig entfernt, der Brustraum wird intensiv gereinigt und erst danach erhalten Patienten beide Spenderlungen in einer einzigen Operation.
Risiko und Erfolg: Tischmacher überlebt und ist krebsfrei
Im Dezember 2024 wurde Tischmacher in Chicago operiert. Die Operation verlief erfolgreich – sie konnte unmittelbar nach dem Aufwachen wieder ohne Sauerstoffgerät atmen. Fast fünf Monate später ist sie krebsfrei und körperlich stabil.
"Ohne die Operation wäre ich gestorben", sagt sie heute
Erste deutsche Patientin – und hoffnungsvolle Datenlage
Tischmacher ist die erste Patientin aus Deutschland, die an diesem Programm teilnahm. Insgesamt wurden seit Beginn des DREAM-Programms rund 70 Patienten weltweit operiert. Die Rezidivrate liegt bei nur etwa 7%. Selbst bei Rückfällen sei die Tumorlast deutlich geringer als vor der Transplantation, betont Dr. Bharat.
Engpässe in Deutschland: Strenge Kriterien und Spenderknappheit
In Deutschland erschweren knappe Spenderorgane und strenge Transplantationskriterien solche Eingriffe bislang erheblich. Weltweit wurden 2023 laut Global Observatory on Donation and Transplantation (GODT) nur rund 7.800 Lungentransplantationen durchgeführt.
Ausblick: Neue Chance für spezielle Patientengruppen?
Für Patienten mit auf die Lunge begrenztem, therapierefraktärem Krebs könnte die Methode künftig eine lebensrettende Option werden – vorausgesetzt, die sorgfältige Patientenselektion bleibt erhalten und es gibt genug Spenderorgane.
Tischmacher bleibt vorerst ein weiteres Jahr in den USA zur Nachsorge. Ihre Zwillinge konnten sie im April besuchen – bei Museumsbesuchen und Minigolf. „Das alles hätte ich vor der OP nicht mehr geschafft“, sagt sie heute.
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