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Soll es eine Arbeitspflicht für Ärztinnen und Ärzte geben?

In Österreich fehlt es an Hunderten Kassenärzten. Um die Lücke zu schließen, schlägt Bundeskanzler Nehammer eine Arbeitsverpflichtung für Jungmediziner vor. Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse unterstützt den Vorstoß, Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart ist dagegen.

Mit der "Landarztquote" hat Deutschland ein bereits europarechtskonformes Modell in Umsetzung, das einen vorrangigen Zugang zum Medizinstudium für jene Nachwuchsärzt:innen schafft, die sich verpflichten wollen, nach der Ausbildung für eine bestimmte Zeit (Vorschlag zehn Jahre) als Kassenärzt:in, in Ambulanzen, Primärversorgungszentren oder in öffentlichen Spitälern zu arbeiten. Diese rechtlich korrekte Regelung könnte auch für Österreich gut übernommen werden. Mit dieser Maßnahme könnte die geforderte Ausweitung auf 3000 Studienplätze zielgerichtet umgesetzt werden. So bekommen wir genau die Ärzt:innen, die wir im System brauchen. Mit adaptierten Aufnahmekriterien, in Verbindung mit einem verbesserten Aufnahmetest, der etwa mehr auf soziale Kompetenzen abstellt, könnte ein großer Teil der Studienplätze an Student:innen vergeben werden, die sich freiwillig verpflichten. Die Restplätze werden auf Student:innen verteilt, die sich nicht sicher sind, ob sie an einer guten Versorgung für alle mithelfen wollen.

Als schneller wirksame Notlösung hat die ÖGK nun 50 Stipendien ausgeschrieben, auf die sich 60 Studierende beworben haben. Auch hier müssen sich die Empfänger:innen verpflichten, nach der Ausbildung in einer Kassenordination zu arbeiten. Grundsätzlich ist natürlich jede Maßnahme zu begrüßen, die eine Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems im Sinn hat, denn in Österreich führt der deregulierte Privatmedizin-Markt zu immer mehr Problemen, Ungerechtigkeiten und Korruptionsgefahr. In keinem anderen Land ist die Verquickung von öffentlicher Versorgung und gewinnorientierter Privatmedizin so stark ausgeprägt. Eine generelle Verpflichtung für ausgebildete Ärzt:innen im öffentlichen System tätig zu sein ist wohl nicht umsetzbar. Verfassungsexperte Karl Stöger hat massive Bedenken angemeldet, weil man niemanden verpflichten kann, einen erlernten Beruf sein Leben lang auszuüben. Worauf wir uns konzentrieren sollten, ist die Stärkung der guten wohnortnahen hausärztlichen Versorgung.

Dringender Handlungsbedarf ist gegeben, denn wir haben die absurde Situation, dass Österreich die höchste Ärzt:innen-Dichte Europas hat, es für die jährlich 1800 Medizinstudienplätze zehnmal so viele Bewerber:innen gibt, die nicht aufgenommen werden, und gleichzeitig hat das öffentliche Gesundheitssystem Probleme, den Personalbedarf zu decken. In den Krankenhäusern ist die Besetzungsproblematik noch größer als in Ordinationen. Die Steuerzahler:innen investieren zwischen 400.000 und 600.000 Euro für die Ausbildung einer Ärzt:in. Dafür müssen sie sich im Gegenzug erwarten können, dass sie ein Versorgungssystem bekommen, in dem alle Menschen gleichermaßen gute Leistungen aus dieser bekommen.

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  Quelle: kleinezeitung.at (22.03.2023 - LW)
 
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